A Personal Affair. Digging to Remember Forwards, 2017, Multimedia Installation, Lagos Biennale

Tief unter dem Blocksberg

Eine Ausstellung im Kölnischen Kunstverein inszeniert die Geschichte des Kupferhandels als postkoloniales Märchen

5.834,23 Schweizer Franken pro Tonne, diesen aktuellen Tagespreis spuckt das Internet am 10. August 2020 aus. Tendenz: steigend. Der private Spekulant kann das Halbedelmetall gleich online in handlicher Barrenform ordern, die HighTech-Industrie verbaut es tonnenweise: Kupfer. Das »rote Gold« ist ein klassisches Münzmetall, wird zu Schmuck verarbeitet, als Heilmittel geschätzt und ist aufgrund seiner hervorragenden Leitfähigkeit ein unverzichtbarer Rohstoff in der digitalisierten Welt. Wobei Vorkommen und Bedarf ungleich über den Globus verteilt sind.

Wie eigentlicht alles heutzutage lässt sich Kupfer ökonomisch betrachten, man kann aber anhand der Geschichte des Kupferhandels auch allerlei Betrachtungen zum kolonialisierten (weiblichen) Körper im Übergang zum (rassistischen) Kapitalismus anstellen, so wie die Künstlerin Dunja Herzog (*1976 in Basel) es tut. Ihre Solo Show »Meanwhile« im Kölnischen Kunstverein entwickelte sich aus ihrem Projekt »Red Gold« (redgoldimportexport.com), das den Kupferhandel im System des europäischen Kolonialismus behandelt. Mit der ortsspezifischen Gesamtinstallation richtet sie den Blick nun weit zurück: Ins Mittelalter zu Zeiten der Hexenverfolgung und der Kupfergewinnung sowie seines Handels zwischen Europa, Afrika und Amerika.

Eine neue Videoarbeit schlägt einen geografischen und zeitlichen Bogen von Sambia (Platz 7 der weltweiten Kupferförderung) zu einer Mine im Harz, wo das größte Kupfervorkommen Deutschlands existierte. Herzog integriert eigene Objekte, die eine verblüffend poetische Kraft entfalten, oder auch die Reproduktion eines Holzschnitts aus dem 16. Jh. von Georg Agricola mit der Darstellung eines Hexentanzes auf dem Blocksberg sowie historischer Kupferminen. Das alles, um letztlich die gegenwärtigen Verhältnisse zu beleuchten.

Herzogs persönlicher Hintergrund als Schweizerin kommt zum tragen, wenn sie die Rolle der Schweiz als internationaler Kupferhandelsplatz und ihre Verstrickung in koloniale Ausbeutung aufrollt. Vor Ort gelingt das besser: Im letzten Jahr lebte Dunja Herzog in West-Afrika, wo einige der in »Meanwhile« präsentierten Werkkomplexe entstanden. Begleitet wird die Ausstellung von Filmvorführungen, Künstlergesprächen, Performance, Workshops und einer Stadtführung des Kölner Frauengeschichtsvereins.

Kölnischer Kunstverein,
Hahnenstr. 6, Dunja Herzog,
»Meanwhile«, 5.9.–18.10.