Digital ist besser: Das »Köllektiv« plant seine Supermarkt-Kooperative derzeit online

Super Markt

Einkaufen zum Selbstkostenpreis: Das »Köllektiv« will einen gemeinschaftlichen Supermarkt eröffnen

Supermärkte sind der Inbegriff des Kapitalismus. Discounter, die Kosten bei Einkauf und Personal drücken, um in den Preiskampf zu ziehen. Das »Köllektiv« will das Konzept Supermarkt neu denken und einen gemeinschaftlichen Supermarkt eröffnen. Von allen, für alle.

»Wir werden Non-Profit arbeiten«, sagt Köllektiv-Mitglied Elisa Flasche. Die Kooperative möchte Produkte zum Selbstkostenpreis anbieten. Die Produzenten sollen einen fairen Preis für ihre Ware erhalten. Die Konsumenten, gleichzeitig Mitglieder der Kooperative, sollen wiederum zu fairen Preisen einkaufen können, weil niemand außer den Erzeugern an dem Produkt verdient. »Wenn wir eine Marge aufschlagen, dann um sie für Investitionen zu nutzen«, sagt die »Köllektivista«. Auch was in den Regalen steht, werden die Köllektiv-Mitglieder gemeinsam entscheiden. Produkte sollen nach Regionalität, Saisonalität, Nachhaltigkeit und Sozialem bewertet werden — etwa durch ein Ampelsystem.

Die Idee von Konsumgenossenschaften ist nicht neu, hat aber in den vergangenen Jahren neue Bedeutung bekommen. Je größer die Marktmacht einzelner Konzerne geworden ist, desto geringer wurde der Einfluss von Konsumenten und Produzenten. »Es verdienen sehr viele Leute an Lebensmitteln, aber die Erzeuger bekommen davon meist kaum etwas ab«, sagt Flasche. Und der Kunde im Laden kann mangels Alternativen daran oftmals nicht viel ändern.

»Uns ist wichtig, dass sich jede und jeder einbringt. Niemand kann sich freikaufen.«

Das Köllektiv möchte das selbstbestimmte Einkaufen wiederbeleben. Das bekannteste Vorbild ist die Park Slope Food Coop im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Die Lebensmittel-Kooperative wurde in den 70er Jahren gegründet, hat mittlerweile einen Jahresumsatz von 60 Mio. US-Dollar und über 17.000 Mitglieder. Jedes von ihnen leistet alle vier Wochen knapp drei Stunden Arbeit und kann nachhaltige Lebensmittel zu günstigen Preisen einkaufen.

Ein ähnliches Modell strebt das Köllektiv an. »Es geht uns um Gemeinschaftlichkeit und Inklusion«, sagt Elisa Flasche. »Uns ist wichtig, dass sich jede und jeder mit drei Stunden Arbeit im Monat einbringt.« Das spare Personal- und Verwaltungskosten. »Und man stärkt die Gemeinschaft. Niemand kann sich freikaufen.«

Bis die Ladentür das erste Mal öffnet, liegt viel Arbeit vor dem Köllektiv. Seit dem Gründungstreffen Anfang März arbeiten acht Gruppen an den verschiedenen Themen. Was kommt ins Sortiment? Welche IT-Lösungen sind notwendig? Was sind gemeinsame Werte? Anfang August entschloss sich das Köllektiv, eine Genossenschaft zu gründen. Als nächstes wird man einen Finanzplan aufstellen. Mit den Einlagen der Genossenschaft möchte man eine Immobilie mieten oder gar kaufen, 800 Quadratmeter Ladenfläche sind notwendig. Zudem überlege man, Fördergelder zu beantragen und ein Crowdfunding anzuschieben. Dem Köllektiv hilft der Austausch mit vergleichbaren Projekten in Deutschland, etwa der SuperCoop in Berlin oder dem FoodHub München. Flasche rechnet damit, dass das Köllektiv um die 1000 Mitglieder benötigen werde, um wirtschaften zu können.

Derzeit hat das Köllektiv zwei Dutzend aktive Mitstreiter. Wenn die alle zwei Wochen zum digitalen Plenum zusammenkommen, werden nicht nur die großen Fragen nach Rechtsform, Finanzplan oder Immobilien diskutiert. »Deutschland ist zum Beispiel ein Apfelland. Aber die Lagerware im Mai hat eine schlechtere CO2-Bilanz als Äpfel aus Neuseeland. Sticht das Thema Regionalität dann die CO2-Bilanz?!«, fragt Elisa Flasche. Das seien spannende Fragen. Antworten möchte das Köllektiv gemeinsam finden.