Wenn einen die Reaktion bestätigt: Kommentar unter dem Rücktrittsposting von Katja Alekseev auf Instagram

Der Spaß hat ein Ende

Die Kölner OB-Kandidatin von DIE PARTEI ist wegen Diskriminierung zurückgetreten.

»Ich freue mich darauf, Henriette Reker von ihrem Thron zu rollen, um der Weltherrschaft ein Stück näher zu kommen.« Mit Statements wie diesen startete die studierte Sozialpädagogin Katja Alekseev Anfang März in den Wahlkampf ums Amt der Oberbürgermeisterin.

Die offensive Ansprache gehört dabei zum guten Ton, schließlich kandidiert die 30-Jährige für die Satire-Partei DIE PARTEI, die immer wieder mit unterhaltsamen bis kontroversen Plakaten von sich reden macht. So posiert etwa die Kölner Spitzenkandidatin auch mal auf einem Plakat mit der Aufschrift »Auch Hot Wheel fickt gut«. Denn Katja Alekseev ist wegen spinaler Muskelatrophie auf einen Rollstuhl angewiesen. Wie offen sie mit ihrer Behinderung umgeht, lässt sich auch in dem sehr persönlichen Blog über ihren Alltag verfolgen, den sie seit 2015 betreibt.

Doch am 13. September wird man die umtriebige Alekseev auf dem Stimmzettel vergeblich suchen, Ende Juli trat sie von ihrer Kandidatur zurück. »Ich habe in der Partei DIE PARTEI KV Köln Mobbing, Sexismus und Dis­kriminierung mitbekommen. Von letzterem war ich selbst betroffen«, sagt die ehemalige Spitzenkandidatin. Das allein sei aber noch nicht der Grund für ihren Rücktritt gewesen, sondern vielmehr der Umgang damit. »Es gab keine vernünftige Auseinandersetzung mit Sexismus und Diskriminierung. Das alles hat sich erst nach meiner Nominierung zur OB-Kandidatin zugespitzt. Ich kann mit meiner feministischen Haltung diese Partei nicht mehr ver­treten.«

Kein Verständnis im Kreisverband

Als sie mit ihrem Anliegen an den Kreisverband herantrat, kam es zu einem Bruch, der über eine niedergelegte Kandidatur hinausging und sich auch in den Sozialen Medien verfolgen ließ. »Ich habe meinen Rücktritt begründet, indem ich auf die Probleme in Bezug auf Sexismus und Diskriminierungen jeglicher Art (unter anderem auch Behindertenfeindlichkeit), hingewiesen habe. Meine Kritik stieß auf großes Unverständnis und auf weitere diskriminierende Aussagen«, schreibt Katja Alekseev auf Instagram und veröffentlicht dort auch anonymisiertes Feedback von ehemaligen Parteigenossen, das erahnen lässt, wie wenig zwischen ihr als Person und dem Rollstuhl offenbar unterschieden worden sei.

Der Fall zieht nicht nur im Netz weite Kreise, mit Lukas Herrmann und Laura Beische treten zeitgleich zwei weitere Spitzenkandidat*innen des Kreisverbands von der Wahlliste und kurz darauf auch von ihren Vorstands­posten zurück. DIE PARTEI Köln wird nur noch mit der Liste auf dem Stimmzettel zu finden sein — und tritt ohne OB-Kandidat*in an.

Spaßpartei mit Problemen

In einem internen Schreiben von DIE PARTEI KV Köln zum Rücktritt äußert man sich selbstkritisch: »Was die Sexismus-Debatte und die weiteren Diskriminierungs­thematiken betrifft, wäre es vermessen, zu behaupten, wir hätten kein Problem«. Allerdings seien die konkreten Verfehlungen im Fall Katja Alekseev auf eine einzelne Person beschränkt gewesen, die dafür auch sanktioniert worden sei. Für die PARTEI, die bundesweit 45.000 Mitglieder zählt und damit noch vor der AfD auf Rang sieben der mitgliederstärksten Parteien liegt, wiegen solche Kontroversen besonders schwer. Als Graswurzel-Bewegung in den Nuller Jahren entstanden, hat sich die einstige Verschachtelung mit dem Titanic-Magazin heute größtenteils erledigt. Mittlerweile wird das Projekt vorrangig über die Popularität des Bundes­vorsitzenden Martin Sonneborn angetrieben, der gemeinsam mit dem Kabarettisten Nico Semsrott auch als EU-Abgeordneter in Brüssel sitzt. Als Vorsitzender des Landesverbands Nordrhein-Westfalen findet sich mit dem Forensiker Mark Benecke ebenfalls ein medial bekanntes Gesicht. Benecke trat 2015 als OB-Kandidat gegen Henriette Reker an und landetete mit 7,22 Prozent aller Stimmen auf Platz drei.

Doch konstant gute Laune herrscht auch in einer Spaß­partei nicht. In der letzten Zeit waren mehrfach Parteimitglieder an die Öffentlichkeit getreten, die Übergriff-Erfahrungen publik machten. DIE PARTEI setzt im Zuge der Kritik und als Antwort auf die große Steigerung der Mitglieder­zahlen mittlerweile verstärkt Anti-Diskriminierungsbeauftragte ein. Katja Alekseev war eine davon, umstimmen konnten sie diese Ambitionen allerdings nicht: »Es gibt Anlaufstellen für Problematiken mit Sexismus und Diskriminierung. Diese sind jedoch noch viel zu unstrukturiert. Sobald Sexismus über Altherrenwitze hinausging, wurde die Verunsicherung mit dem Umgang recht groß.«

DIE PARTEI ist einst angetreten, um den unschönen Politikbetrieb vorzuführen. Das ist ihr diesen Sommer in Köln auch gelungen. Allerdings wohl anders, als man es sich gewünscht hatte.