Einer der Orte, an denen die Kölner Politik gemacht wird: Der Kölner Ratssaal

Guter Rat ist neuer

Im Rat der Stadt Köln sind Entscheidungen oft schwierig — nach der Kommunalwahl dürfte es nochmal komplizierter werden

Wenn am 13. September gewählt wird, richten sich viele Blicke auf die OB-Wahl. Es geht um das höchste Amt der Stadt. Doch welche politischen Wege in den kommenden fünf Jahren eingeschlagen werden, das entscheidet die Wahl zum Stadtrat. Seit 2014 sind dort neun Parteien und Gruppen vertreten. CDU und Grüne prägten bislang die Politik, wobei ihr Minder­heiten­bündnis stets die Stimmen anderer benötigte.

Es dauerte lange, bis es dazu kam. Dabei war die alte SPD/Grüne-Koalition längst am Ende: Im Vorfeld der OB-Wahl 2015 stand bereits ein breites Reker-Bündnis gegen den SPD-Kandidaten Jochen Ott. Im März 2016, Reker war nun im Amt, lag dann die Kooperationsvereinbarung von CDU und Grünen vor. Wichtige Projekte darin: Um das Chaos bei der Opern­sanierung zu bändigen, wurde der ehemalige Baudezernent Bernd Streitberger engagiert. Und der Ausbau des Godorfer Hafens ins Naturschutzgebiet Sürther Aue sollte endgültig verhindert werden; was dann aber noch bis zum vergangenen Jahr dauern sollte. Bei anderen Aufgaben kam man gar nicht voran: Die Diskussion um eine Verlagerung des Bayenthaler Großmarkts dreht sich bis heute im Kreis. Er müsste aber umziehen, damit dort das Stadtviertel Parkstadt Süd entstehen kann.

Andere Herausforderungen ergaben sich erst während der Ratsperiode, manches erkannte man zu spät. Das Elend drogenabhängiger Menschen etwa, das sich am Friesenplatz, Neumarkt oder Wiener Platz zeigt. Es sollte mit Drogenkonsumräumen gelindert werden, doch alles dauerte zu lange. Auch anderswo. Die Zukunft am Kalkberg — einer Chemiemüll-Deponie, auf der man versuchte, eine Rettungshubschrauber-Station zu bauen, bis sie wegsackte — war bis zu dieser Woche ungewiss. Die Kosten steigen derweil. Noch viel teuer wird es an der Opern-Baustelle, trotz neuem Technischen Betriebsleiter. Je nach Rechnung wird es bis zu einer Milliarde Euro kosten. Unterdessen beschloss man unbekümmert neue Mega-Projekte wie eine »Historische Mitte« mit Museumsneubauten am Dom.

CDU und Grüne: Zweckehe mit ungelösten Problemen

In der Verkehrspolitik ergaben sich schnell Probleme zwischen CDU und Grünen. Sei es bloß die Brötchentaste für Autofahrer, sei es ein gigantischer U-Bahn-Tunnel von Ost nach West durch die City — die Brötchentaste gönnen die Grünen der CDU noch, auf der Ost-West-Achse aber wollen die Grünen den oberirdischen Ausbau. Daraufhin wird das Thema auf die kommende Ratsperiode vertagt.

So ermöglicht es die Verkehrspolitik, dass sich die Linke gegenüber den Grünen profiliert. Die Linke will auf jeden Fall auf eine U-Bahn in der City verzichten: Der Bau dauere viel zu lange, löse keine aktuellen Probleme, und das Geld solle die Stadt besser für den Ausbau der oberirdischen Strecken nutzen. Zuspruch dafür kommt von vielen Initiativen, auch beim Ausbau des Radverkehrs und der Mobilitätswende weg vom Auto.

Angesichts der Wohnungsnot herrschte durchweg Ratlosigkeit. Das städtische Wohnungsunternehmen GAG baut und saniert zu wenig, ihm fehlt als Aktiengesellschaft der rechtliche Spielraum, um ohne strengen Blick auf die Finanzen zu agieren. Dennoch verspricht die SPD im Wahlkampf nun 10.000 Wohnungen — das hält selbst die Linke für unseriös. Sie will aber eine neue Wohnungsgesellschaft gründen, um die Probleme besser angehen zu können, außerdem soll verstärkt mit Holz und dadurch schneller gebaut werden.

Chancen für Die Linke

Mit ihrem Fraktionssprecher und OB-Kandidaten Jörg Detjen könnte die Linke bei der Wahl durchaus zulegen. Die Kölner Partei gilt als pragmatisch und anschlussfähig bis in bürgerliche Kreise. Zudem wird Klimaschutz mittlerweile als sozialpolitisches Projekt begriffen, weil arme und benachteiligte Menschen am meisten unter der Umweltzerstörung leiden.

Seit Jahren bekundete die Linke Sympathien für ein breites Bündnis mit SPD, Grünen und kleineren Gruppen — aber Grüne und SPD lehnten bislang ab. Doch auch eine Neuauflage von Schwarz/Grün ist nicht sicher. Der Klimaschutz findet sich im CDU-Programm nur unter ferner liefen. Gut möglich, dass die Grünen trotz eines Wahlerfolgs fürchten müssen, dass sich die CDU andere Partner sucht. Stehen die Zeichen auf Große Koalition? Das aber steht in Köln für Klüngel. Schon im derzeitigen Rat hätte Rot/Schwarz eine Mehrheit gehabt, jetzt würde es knapp, denn die SPD könnte unter den schlechten Umfragewerten im Bund leiden, zudem gibt es interne Querelen und Machtkämpfe. Das wiederum könnte eine Chance für die FDP sein. Oder für die Vertreter der kleinen Gruppierungen wie Klima Freunde, Volt oder auch die Satire-Truppe Die Partei.

Die Wählergruppe Gut, eine Abspaltung von Deine Freunde, hat bereits an politischem Gewicht gewonnen. Die verkehrspolitische Idee eines Seilbahnsystems über den Rhein oder die Bestellung eines Gutachtens zum Messe-Deal sorgten für Aufsehen. Ihre Forderungen nach Verkehrswende, Klimaschutz, kommunaler Ernährungspolitik, dazu ihre Affinität zur Off- und Clubkultur macht GUT für viele aus dem Umfeld von Initiativen attraktiv. Im Rat gilt ihr OB-Kandidat Thor Zimmermann als verlässlicher Partner.

Es wird sicherlich schwierig, im neuen Rat ein Bündnis mit nur zwei Fraktionen zu bilden. Koalitionen zu dritt oder auch wechselnde Mehrheiten werden wahrscheinlicher. Die einen fürchten eine »Zersplitterung« und einen Verlust politischer Kontinuität. Die anderen begrüßen das als Stärkung der Demokratie. Auch die parteilose OB Henriette Reker ist für wechselnde Mehrheiten. Nur nicht bei der OB-Wahl.