Bürgerbeteiligung

Wir haben uns angeschaut, wie es um einige wichtige Politik­felder bestellt ist. Worüber wird gestritten, was ist erreicht? Welche Herausforderungen stehen jetzt an?

Henriette Reker hatte versprochen, als OB die Partizipation zu stärken. Mit ihren »Stadtgesprächen« tourte sie mehrmals durch die Bezirke. Doch Bürgerbeteiligung ist mehr, als ein paar Stunden etwas auf Stellwände schreiben zu dürfen. In einem langen Prozess wurden daher mit Politik, Verwaltung sowie Bürgerinnen und Bürgern Leitlinien erarbeitet. Seit Ende 2017 liegen sie vor. Doch Reker ließ den Rat nicht darüber abstimmen, weil sie Nachteile durch verlängerte Verfahren und mehr Aufwand befürchtete, die »die Vorteile durch bessere Lösungen und mehr Akzeptanz übersteigen«. Eigentlich war geplant, dass bei jeder politischen Entscheidung geprüft werde, ob es eine Bürgerbeteiligung dazu geben kann. Nun wird dieses Verfahren zunächst nur testweise im Stadtbezirk Nippes und bei einigen Ämtern angewandt.

Immerhin richtete Reker ein »Büro für Öffentlichkeitsbeteiligung« ein, dessen Team Beteiligungsformate entwerfen, umsetzen und als Ansprechpartner dienen soll. Einige Pilotprojekte wurden schon abgeschlossen, etwa für einen Bolzplatz in Mülheim und ein neues Friedhofskonzept. Aber weite Teile der Öffentlichkeit haben kaum etwas von diesen Bemühungen mitbekommen. Bisweilen organisieren Bürgerinnen und Bürger selbst Beteiligungen. In Porz, wo ein Park gestaltet werden soll, erreichte das Bündnis Porz-Mitte mit seinen Workshops auch jene, die sonst schwer zu erreichen sind. Meist ist bei Bürgerbeteiligungen ein akademisch geprägtes, gut vernetztes und kommunikationsstarkes Milieu deutlich überrepräsentiert. Das kritisieren etwa auch SPD und Linke. Sie sagen, dass bei der Stadt die Bemühungen verstärkt werden müssten, »beteiligungsferne Gruppen« einzubinden.

Übrigens garantiert auch hoher zeitlicher und finanzieller Aufwand allein noch keine gute Beteiligung. So war zwar das Verfahren zur Ost-West-Achse sehr aufwändig — doch sprach sich die Stadt zum Auftakt im März 2018 gleich für die Tunnel-Lösung aus. Viele Teilnehmer haben das als manipulativ empfunden. Ein weiteres Manko ist es, wenn auf die Beteiligung nichts folgt. Das schwarz-grüne Bündnis, uneins in der Sache, vertagte neun Monate später im Stadtrat eine Entscheidung zur Ost-West-Achse. Ähnliches geschah bereits bei dem Beteiligungsverfahren zur Parkstadt Süd, wo nach der Abschlussveranstaltung nicht mehr viel passierte. Solche Erlebnisse aber führen nur zu Verdruss und fördern eben kein Zutrauen, dass es Politik und Verwaltung ernst meinen, wenn sie die Bürgerinnen und Bürger zu ihren Ansichten und Bedürfnissen befragen.