Komplexe Harmonik: Sophia Spies

Komplexe Authentizität

Mit ihrem Album »The Talk« bietet Faira fantasievollen Indiefolk

Es gibt Singer/Songwriter, die mit ihren Songs und ihrer Stimme vor allem Wohlgefallen erzeugen— und es gibt die anderen: MusikerInnen, die trotz des konventionellen Rahmen Experimente wagen. Sophia Spies gehört zweifelsfrei zur zweiten Sorte. Die 28-Jährige Wahlkölnerin beruft sich auf Vorbilder wie CocoRosie und Joanna Newsom und geht als Faira folglich unkonventionelle Wege. Begleitet von ihren Geschwistern Leonhard (Bass) und Nathalie (Geige) sowie dem Drummer Andrew Colberg hat sie mit »The Talk« (via Bandcamp) nun ein bemerkenswertes Album veröffentlicht.

»Die Lieder entstanden in einem ziemlich langem Zeitrahmen, das älteste Lied ist vermut­lich ›N‹, das habe ich mit ungefähr 17 ge­schrie­ben«, berichtet die in Pforzheim aufgewachsene studierte Modedesignerin. Der Umzug nach Köln erfolgte 2017, wo aus dem Soloprojekt schnell ein mehrköpfiges Unterfangen wurde: »Nachdem wir als Band ein paar Konzerte gespielt hatten, wollte ich die Lieder unbedingt genauso aufnehmen. Es war klar, dass es ein Studioalbum sein sollte, bei dem wir alles live einspielen.« Ein ganzes Jahr lang hat sich Sophia dann allerdings noch dem Overdub- und Mixing-Prozess gewidmet — was sich ge­lohnt hat, denn trotz des organischen Sounds, verfügen die Songs über eine abstrakte klangliche Note, die wunderbar zu den verschlungenen Strukturen, der komplexen Harmonik und den verrätselten Texten passt.

»Die meisten meiner Songs entstehen eher aus einem Gefühl heraus als um ein Thema herum. Der Prozess ist intuitiv und manchmal sogar lautmalerisch. Als würden sich die Worte einfach so in der Melodie formen. Ich begreife manchmal erst während des Schreibens, worum es hier geht.« Transportiert werden die Worte und Melodien mit einer Stimme, die sich nicht davor scheut, in die Extreme zu gehen — von leise und sonor bis spitz und latent aggressiv.

Es ist immer eine Menge los in diesen Songs und doch hat man nie den Eindruck, dass sich hier jemand verzettelt: »Ich habe früher oft ge­dacht, dass ich bloß nicht langwei­lige Songs schreiben darf«, erzählt Sophie von ihrer Suche nach einer eigenen Handschrift. »Immer noch versuche ich, möglichst ungewöhnliche Akkordfolgen zu schreiben. Aber inzwischen denke ich nicht mehr darüber nach, wie ich klingen möchte. Wenn ich es mit Ehrlichkeit und Freude spielen kann, dann ist es genau, wie es sein soll.« Authentizität ist im Falle von Faira eben eine komplexere Angelegenheit.