Reif für die Insel

Seit über zwei Monaten befinde ich mich im selbstgewählten Insel-Exil auf Koh Phangan. Das winzige Eiland im Golf von Thailand hat magische Anziehungskräfte: Schon Ende der 80er Jahre heulten Hippies hier den Mond an, nach und nach entstand daraus eine hocheffektive Party-Infrastruktur. Jeden Monat strömten wenig trinkfeste, dafür umso lautere junge Feierwütige auf die Insel, deren zweifelhafter Ruf bald weltweit bekannt war. Nun steckt Phangan in seiner schwersten Krise. Obwohl Corona in Thailand eigentlich gestoppt ist, bleiben die Grenzen für Touristen dicht. Koh Phangans Bevölkerung, zum Großteil Gastarbeiter aus Nachbarland Myanmar, stehen ohne Jobs da, viele Restaurants und Geschäfte sind seit Monaten zu.

Für mich hingegen angenehm, sich Strände nur mit Einheimischen zu teilen. Haad Rin im Süden der Insel, einst der Ballermann Südostasiens, liegt wie ausgestorben da. Nur eine Hand voll thailändischer Wochenendtouristen vom Festland sind zu sehen. Partys mit elektronischer Musik spielen jetzt anderswo. Seit kurzem sind sie wieder erlaubt, wenn auch noch lange nicht so wild und ausufernd wie früher — vielleicht sogar besser so. Eines hat sich bedauerlicherweise nicht geändert, nämlich die Musik. Statt dem farbenfrohen House balearischer Pendants wie Ibiza ist die Szene Koh Phangans geprägt von einem eintönigen Progressive-Techno, oft dröhnend und erdrückend zugleich. Hier und da vielleicht noch Psytrance-Einflüsse aus den 90ern (passend zu den UV-Lichtern), insgesamt aber enttäuschend belanglos.

Außerdem beißt sich dieser düstere, vom Meth-Problem vieler lokaler DJs geschürte Sound, mit dem tropischen Ambiente von Bambushainen und Bungalows. Zwischen immergrünen Palmen und türkisblauen Meereswogen möchte man doch bitte naturverbundene und lebensbejahende Tracks hören, von denen es im Repertoire elektronischer Tanzmusik beileibe genügend Auswahl gibt. Nur hier wummert leider exakt derselbe Mumpitz, den ich beim letzten Besuch vor drei Jahren schon nicht begreifen konnte.

Zeit also, frischen Wind in die Segel dieser gebeutelten Party-Insel zu bringen. Die Locals zeigen sich zumindest offen, was neue Events angeht: gleich mehrere Locations hat man uns innerhalb weniger Tage angeboten. Alle scheinen bemüht, die Partys-Szene wiederzubeleben. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob sich auch die Handvoll verbliebender Farangs (Thai für Ausländer) für ein neues Projekt mobilisieren lassen.