In der DDR ein Star: Renate Krößner

Die Relativität von Zeit und Leben

Filmgeschichte auf Kölner Leinwänden

Die Kulturkirche Ost zeigt zum Nationalfeiertag Rainer Werner Fassbinders gallig-gefühlsmächtiges Melodram »Die bitteren Tränen der Petra von Kant« (1974). Ergänzend dazu sollte man unbedingt in den Filmclub 813 gehen. Dort läuft zum Start einer Renate Krößner-Hommage sozusagen die DEFA-Antithese zu Fassbinders Schlüsselwerk der Übergangszeit zwischen Brandt und Schmidt, nämlich Konrad Wolfs »Solo Sunny« (1980). Und der Filmclub hat noch dazu Rares im Programm: im Rahmen der Krößner-Schau zum Beispiel Lothar Großmanns murkeliges Melodram »Einer vom Rummel« (1983) sowie Richard Engels fabelhaftes Fernsehspiel »Liebes- und Skandalgeschichten aus dem alten Berlin: Susi oder Das verschenkte Girl« (1980). Am 18.10. wird der kürzlich verstorbene Komponist Peter Thomas mit einem Erinnerungsabend gewürdigt. Zu sehen ist nicht nur Harald Reinls so kurioses wie melancholisch perfekt passendes Stück Dänikeniana »Erinnerungen an die Zukunft« (1970), sondern auch eine Reihe von Trailern, in denen man einen top Eindruck bekommt von Thomas’ spezifischem Sixties-Happy-Sound. Vier Tage später wird Nobuhiko Obayashi mit dessen ähnlich elegisch stimmigem Werk über die Relativität von Zeit und Leben gedacht:

»The Girl Who Leapt Through Time (1983)«. Der Film dreht sich um eine Schülerin, deren Dasein in einer Zeitschleife steckt. Außerdem lohnt sich Giulio Petronis lebenskluger weil menschenfreundlicher Western »...e per tetto un cielo di stelle (Amigos)« (1968), der seinen Lehrmeister Giuseppe De Santis stolz gemacht hätte.

Im Japanischen Kulturinstitut sind derweil bis Monatsende noch weiter jene Tokio-Filme zu sehen, über die wir letzten Monat schon berichteten. Das soll mich nicht daran hindern, erneut auf Gosho Heinosukes »Where Chimneys Are Seen«  (1953) und Naruse Mikios »When A Woman Ascends The Stairs« (1960) hinzuweisen. Meilensteine des Weltkinos und anbetungswürdige Beispiele dafür, wie man mit Intelligenz, Diskretion und Würde über die Durchschnittlichkeit des Lebens sprechen kann. Als Tipp hinzugefügt sei noch Matsuoka Jōjis gewohnt liebevoller »Tokyo Tower: Mom And Me, And Sometimes Dad« (2007). Eine Adaption des gleichnamigen, autobiografisch inspirierten Romans von Universalkünstler Lily Franky. Darin findet man die Werte Goshos wie Naruses in der heutigen Zeit wieder.

Infos: kulturkirche-ost.de, jki.de, filmclub-813.de