Zum Rumhängen verdammt: Jugendliche brauchen wieder mehr Angebote, Foto: Pixabay

»Wir verlieren sie bald«

Events für Jugendliche unter freiem Himmel? In Köln wird geprüft, ob das in Zukunft möglich ist

Wenn Franco Clemens, Streetworker seit Jahrzehnten, abends mit seinem Hund spazieren geht, bleibt er hin und wieder bei ihnen stehen: bei den Grüppchen von Jugendlichen, die sich an den Parkbänken treffen, vor allem  am Wochenende. Seit im März Clubs und Diskotheken geschlossen wurden, gibt es für sie kaum mehr einen anderen Ort, an dem sie feiern können — und der Frust, sagt Franco Clemens, werde immer größer. »Manche haben diese Verschwörungstheorien schon voll drauf«, erzählt er. Nicht, weil sie wirklich davon überzeugt seien, sondern um ihren Ärger über die zum Nichtstun verdammten Abende loszuwerden.

Franco Clemens will nicht mehr tatenlos zusehen. Seit Monaten schlägt er Alarm und berichtet im Jugendhilfeausschuss, dem er als »sachkundiger Bürger« beisitzt, von »Jugendlichen, die wir verlieren«. Zuletzt wurde dort ein Antrag verabschiedet, einvernehmlich zwischen allen demokratischen Parteien: Die Verwaltung solle prüfen, inwieweit die Stadt auf Plätzen und in Parks Jugendevents unter freiem Himmel anbieten kann. Fragt man Clemens, was er sich genau darunter vorstellt, dann sprudeln die Ideen: Auftritte von Jugendbands aus dem Veedel, ein Maskenball mit Best-Of, Mitmachstationen, Aufklärung ohne erhobenen Zeigefinger. »Und am Ende läuft Musik aus der Konserve«, sagt Clemens. Für ihn ist wichtig, dass damit keine Großveranstaltungen gemeint sind, sondern kleine Veranstaltungen, die im Netz wenig beworben werden, um nicht etwa Jugendliche aus anderen Städten anzuziehen. Und natürlich ohne Alkohol und Drogen. Seine Forderung:  »Lasst uns Straßenköter das Ding mal durchziehen. Wir wissen, wie so was läuft und man Jugendliche bei der Stange halten kann.«

Aber wird die Verwaltung mit dem Prüfantrag rechtzeitig voran kommen, bevor es im Winter zu kalt wird? »Corona wird uns auch noch im nächsten Jahr erhalten bleiben«, sagt Franco Clemens. Ähnlich sieht das auch Heiner Heiner Kockerbeck, bildungspolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke: »Die Stadt darf sich nicht nur repressiv zeigen, indem sie spontane Feiern von Jugendlichen auflöst, sondern muss auch Angebote machen.« Denn sonst, das glaubt auch er, würde der Druck der Jugendlichen bald zu groß.