Einsamer Nachbar: Brian Dennehy (r.)

Driveways

Andrew Ahn ist ein leichter Film über schwere Themen gelungen

»Driveways« beginnt wie ein Roadmovie. Es ist Sommer, Mutter und Sohn sitzen in ihrem Auto, sie am Steuer, er spielt mit seinem Tablet. Beide sind auf vertraute Weise wortkarg: »Komm schon«, fordert sie ihn nur während einer Pause zum Essen auf. Nach einer Ferienreise fühlt sich das nicht an und bei ihrer Ankunft bestätigt sich der Eindruck: Kathy öffnet die Tür zu einem bis an die Decke zugemüllten Haus, der Strom ist abgeschaltet. Sie und der achtjährige Cody sind den weiten Weg in eine namenlose Kleinstadt im Bundesstaat New York gekommen, um den Hausstand ihrer kürzlich verstorbenen Schwester aufzulösen. In »Driveways« geht es aber nicht in erster Linie um Trauer. Aber Reue spielt eine Rolle, wegen zweifelhafter Entscheidungen und mangelnder Aufmerksamkeit für geliebte Mitmenschen.

»Driveways« ist ein freundlicher kleiner Film über einen besonderen Moment im Leben von Menschen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Auf deutsch bezeichnet der Titel Auffahrten, die in den USA zumeist in Kombination mit einem Zaun und üppigen Hecken benachbarte Einfamilienhäuser voneinander trennen. Im Film sind sie aber eher Orte der Begegnung. Die etwas zu neugierige Frau von Gegenüber kommt vorbei, um Hallo zu sagen. Am nächsten Tag finden Kathy und Cody ein Kabel, das quer über die Auffahrt vom Nebengrundstück zu ihrem Haus verläuft wie eine Nabelschnur. Nachbar Del, gespielt vom im April verstorbenen Brian Dennehy, hat Strom für sich abgezweigt. Mit diesem »Diebstahl« beginnt eine zarte Freundschaft zwischen dem einsamen Veteranen des Koreakriegs und Cody, der wegen seiner sensiblen Art Schwierigkeiten hat, Kontakt zu anderen Kindern zu finden.

»Driveways« feierte seine Premiere in der Jugend-Sektion Generation Kplus der Berlinale 2019. Es ist die zweite Regiearbeit von Andrew Ahn, der sich in seinem Debüt mit queeren Themen auseinandergesetzt hat. In »Driveways« verhandelt er mit elegantem Understatement Probleme, die in anderen Filmen vielleicht den Plot bestimmen würden: finanzielle Engpässe, Codys abwesender Vater, Dels belastetes Verhältnis zu seiner lesbischen Tochter, Alltagsrassismus in den Kleinstädten, die Einsamkeit der Alten. All diese Themen fügen sich organisch in den Film ein, ohne ihn zu beschweren.

(dto) USA 2019, R: Andrew Ahn, D: Chau Hong, Lucas Jaye, Brian Dennehy, 85 Min.