»Das Risiko des Museumsbesuchs liegt im Potential seiner Inhalte«: Andy Warhols »Self-Portrait« (1986), ab 12. Dezember im Museum Ludwig © 2020 The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. Licensed by Artists Rights Society (ARS ), New York, Foto: Tate

Erwünschte Nebenwirkungen

Die Museen, Kunstvereine und Off Spaces sind leer. Warum nur?

Lockdown die Zweite. Obwohl, da ist ja doch einiges geöffnet und ich darf auch ohne Hund noch vor die Tür. Sogar shoppen bis die Tüten voll sind oder KVB fahren ohne Fahrgastbeschränkung. »Lockdown light« formulierte irgendein Politiker besinnungslos, als wäre das alles von Coca-Cola gesponsert. Dann doch lieber amtlich: »Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen, werden untersagt«.

Dass es in diesem Corona-Winter wenig zu lachen gibt, hat jeder wissen können nach der Videokonferenz der Bundeskanzlerin mit den Länder-Chefs am 28. Oktober. Schlechte Laune macht allerdings weniger die Streichung von Partys, Comedy, Karneval, Filmkomödien, sondern eine Politik, die Wirtschaft über alles stellt. Zunächst hatte man die Kunst offenbar schlicht vergessen (was man bösartig interpretieren kann), kurz darauf hinterhergeschickt, dass der November-Lockdown auch für Museen und Galerien gilt. Dann fiel wohl jemandem auf, dass Kunsthändler dem Einzelhandel zugehören — Galerien wieder auf. Museen: bleiben geschlossen. Die Ausstellung »Warhol NOW« im Museum Ludwig, ein sicherer Blockbuster: Vorverkauf ausgesetzt. »Resist! Die Kunst des Widerstand«, Highlight im Rautenstrauch-Joest-Museum: Eröffnung verschoben. Etcetera, etcetera.

Vielleicht musste dieser erneute Lockdown angesichts der Infektionszahlen sein. Doch niemand hat bislang plausibel erklärt, warum er für Museen gilt. Zugangsbeschränkung, Abstand, Aufsichtspersonal, zusätzliche Infektionsschutzmaßnahmen — alles vorhanden. »Das Risiko des Museumsbesuchs liegt vielmehr prinzipiell im Potential seiner Inhalte«, schrieb das unartige Kolumba-Team in seinem dritten »Corona-Statement« (sind unterhaltsame Texte eigentlich auch untersagt?).

Es passiert schon selten, dass rund vierzig deutsche Museumsdirektor*innen quasi über Nacht eine gemeinsame Protestnote formulieren und in die Welt schicken, die derzeit andere Sorgen zu haben scheint. Kultur ist Freizeit, erklärt uns Herr Laschet lapidar. Nein. Wir brauchen, gerade in diesen Wochen, Freiräume zum atmen, geistige Nahrung, Diskurs, Schönheit — als Individuen und als Gesellschaft. Sonst werden wir irre. Oder dumm. Oder krank.

Die Eröffnung der Warhol-Ausstellung ist für den 12.12. geplant. Die Galerien sind geöffnet und freuen sich über Besuch! Programm: koelngalerien.de