Die umstrittenste Grünfläche der Stadt: Gleueler Wiese

Pfusch am Ausbau

Eine Bürgerinitiative klagt gegen den Neubau des Geißbockheims und dem FC fehlt ein Pachtvertrag

Es war ein symbolischer Akt an einem Ort mit Symbolkraft: Unbekannte hatten im September Grabkreuze auf der Gleueler Wiese aufgestellt. Der 1. FC Köln möchte auf der Grünfläche im Äußeren Grüngürtel ein Gebäude und drei Kunstrasenplätze bauen. Der Stadtrat hatte dem Vorhaben im Juni zugestimmt. Doch ob der Gleueler Wiese die letzte Stunde geschlagen hat, scheint längst nicht sicher.

Im November hatte die Bezirksregierung dem Bebauungsplan zugestimmt. Anfang Dezember veröffentlichte die Stadt den geänderten Flächennutzungsplan sowie den Bebauungsplan in ihrem Amtsblatt — ein formaler Akt, der die Bürgerinitiative »Grüngürtel für Alle« auf den Plan rief. Nur einen Tag nach der Veröffentlichung reichte die BI einen sogenannten Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht Münster ein. »Wir wollen prüfen lassen, ob der Bebauungsplan auch gültig ist«, sagt BI-Sprecher Friedmund Skorzenski. Die Klage der BI, die unter anderem der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz unterstützen, war erwartet worden. Die BI stützt sich dabei auf das Bundesnaturschutzgesetz. Demnach darf in einem Landschaftsschutzgebiet nur gebaut werden, wenn ein überwiegend öffentliches Interesse besteht. »Hier geht es um die Interessen eines Unternehmens mit mehr als 100 Millionen Euro Jahresumsatz«, so Skorzenski. Die BI bemängelt zudem, dass für das Gelände keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde, die aufgrund der Größe und der verwendeten Materialien notwendig sei. Außerdem bemüht die BI den Denkmalschutz, ein eher unüblicher Klagegrund für derartige Bauprojekte. Der Grüngürtel ist ein Gartenbau-Denkmal. »Ein Eingriff liegt vor, wenn Nutzung oder Erscheinungsbild verändert werden«, erklärt Skorzenski. Beides sei der Fall. »Wir wollten nicht, dass es zu dieser Klage kommt«, sagt Skorzenski. Nun aber sieht die BI keinen anderen Weg, die Bebauung der Gleueler Wiese zu verhindern.

Mit der Klage hatte der FC gerechnet, nicht aber damit, dass fast gleichzeitig die Politik den Ausbau wieder in Frage stellt. Ende November war öffentlich geworden, dass der FC keinen Pachtvertrag für die Gleueler Wiese besitzt, auf der das Fußballunternehmen bauen möchte. Über den Pachtvertrag muss der Kölner Stadtrat entscheiden, in dem sich seit dem Beschluss im Juni die Mehrheiten geändert haben. Die Grünen, neue stärkste Kraft im Rat, waren und sind gegen den Ausbau. Die bisherigen Befürworter SPD, CDU und FDP kämen nur auf eine Mehrheit, wenn sie mit der AfD stimmten. Ein undenkbares Szenario — wohl auch für den FC.

In der CDU bröckelt zudem der  Zuspruch zu den Plänen. Sie schmiedet ein Bündnis mit den Grünen und Ratsneuling Volt. Die neue Ratsmehrheit hat sich in einem Eckpunktepapier auf ein Moratorium zur Bebauung der Gleueler Wiese verständigt, in dem es heißt, das »weitere Rats-und Ausschussbeschlüsse insbesondere des Abschlusses von Pacht- und Nutzungsverträgen für die Flächen im Eigentum der Stadt« ausgesetzt werden. Zwischen FC und CDU rumort es: FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle bemängelte die Verlässlichkeit des politischen Partners. CDU-Parteichef Bernd Petelkau warf dem FC-Management »handwerkliche Fehler« vor, weil es den Pachtvertrag nicht vor der Kommunalwahl abschloss.

Wehrle beruft sich auf eine »klare Empfehlung der Verwaltung«. Baudezernent Markus Greitemann bestätigt das: Vor der Veröffentlichung im Amtsblatt wäre eine politische Beschlussfassung über einen Pachtvertrag »nicht opportun« und zudem ein Risiko für mögliche Gerichtsverfahren gewesen. »Der Ratsbeschluss ist ein demokratisch legitimiertes Ergebnis und der Pachtvertrag ein formeller Beschluss, der sich an den Ratsbeschluss anlehnt«, teilte Wehrle der Stadtrevue mit. »Ich gehe davon aus, dass diese demokratischen Gepflogenheiten gültig sind.« Greitemann betont, man werde »selbstverständlich die weiteren Beschlüsse des Rates entsprechend umsetzen«. Nur, ein Pachtvertrag für die Gleueler Wiese wird in der Ratsperiode bis 2025 wohl nicht darunter zu finden sein.