Verkehrswende und Klimaschutz — daran werden die Grünen künftig gemessen

Wahl gewonnen, Macht verschenkt

Im Rat leiten die Grünen nun ein Bündnis mit dem alten Partner CDU und den Neulingen von Volt. Haben sie sich unter Wert verkauft?

Frisch im Rat und schon Teil des Mehrheitsbündnisses: Auf die vier Ratsmitglieder der Europa-Partei Volt kommt einiges an Arbeit zu. Zunächst wären da die Verhandlungen mit Grünen und CDU, deren Partner sie werden. Volt denkt pragmatisch: Man will mitmischen, zeigt sich dafür kompromissbereit.

Ob die Partei als bloße Mehrheitsbeschafferin bei den Verhandlungen über den Tisch gezogen wird, lässt sich erst bewerten, wenn der endgültige Kooperationsvertrag vorliegt. Das könnte bis Februar dauern. Bislang gibt es nur ein Eckpunktepapier. Es liest sich in entscheidenden Punkten vage. Heikles wird ausgespart oder rhetorisch umschifft.

Fest steht aber schon, dass das Bündnis die Dezernate der Stadtverwaltung ändern und ergänzen will. Auch das ist Politik, denn die Dezernatsleitungen sitzen mit OB Henriette Reker im Stadtvorstand. Zudem können sie, mehr noch als die untergeordneten Amtsleitungen, dafür sorgen, dass Ratsbeschlüsse möglichst schnell umgesetzt — oder eben verzögert werden.

Der politische Einfluss auf die Verwaltung entscheidet sich jetzt. Zum Beispiel muss der Posten des Stadtdirektors neu besetzt werden, nachdem Stephan Keller in Düsseldorf zum OB gewählt worden ist. Es ist nach dem OB-Amt der wichtigste Posten in der Verwaltung — und die CDU soll den Zugriff erhalten. Allerdings war zuvor auch die Grüne Dörte Diemert, als Kämmerin zuständig für die Stadtfinanzen, im Gespräch. Auch die Leitung eines neuen Dezernats für Wirtschaft, Stadtentwicklung und Digitales wird an die CDU gehen. Es ist ein neues Super-Dezernat mit wichtigen Politikfeldern. Die Grünen hingegen sollen ein neues Dezernat für Klima und Umwelt führen. Das klingt naheliegend, doch der Einfluss dieses Dezernats könnte tatsächlich bloß gering sein. Wichtiger sind für den Klimaschutz schließlich die konkreten Bereiche Verkehr, Bauen und Flächenpolitik. Harald Rau, amtierender Dezernent für Umwelt, Soziales, Gesundheit sowie Wohnen, könnte das neue Dezernat übernehmen. Klimapolitisch ist er treibende Kraft im Stadtvorstand. Doch ob Rau ein Dezernat leiten mag, das tatsächlich seinen Einfluss mindert, ist zumindest fraglich.

Großen Einfluss auf die strategische Entwicklung hat auch die Besetzung der Aufsichtsräte in Unternehmen, an denen die Stadt Köln beteiligt ist. Auch darüber hat der Rat bereits entschieden. Hier bekommt die CDU die einflussreichen Vorsitze im Verwaltungsrat der Sparkasse Köln-Bonn und im Aufsichtsrat der Rheinenergie. Für CDU-Chef Bernd Petelkau sind solche Erfolge wichtig, war er doch nach der Wahlniederlage in die Kritik geraten. Die Parteibasis gewöhnt sich nur schwerlich an grüne Akzente in der Programmatik, der Klimaschutz etwa war der CDU kein eigenes Kapitel im Wahlprogramm wert. Umso wichtiger ist es für Petelkau, einflussreiche Posten in Verwaltung und Aufsichtsräten zu ergattern. Und obwohl er selbst im Sommer 2018 in die Stadtwerke-Affäre verwickelt war und daraufhin sein Mandat im Aufsichtsrat zurückgab, ist er nun zurück. Offenbar befanden er und seine Unterstützer bei den anderen Parteien, dass eine Auszeit von anderthalb Jahren reichen muss. Selbst die zentrale Figur der Affäre hat weiter Einfluss: Der SPD-Politiker Martin Börschel ist erneut in den Verwaltungsrat der Sparkasse Köln-Bonn gewählt, und in diesem wichtigen Gremium nun bloß vom Vorsitzenden zum Vize zurückgestuft worden.

Thor Zimmermann von der Wählergruppe GUT sieht hier den kölschen Klüngel am Werk, an dem auch FDP und Linke mitwirken würden. Darin zeigt sich auch  sein Verdruss darüber, dass die Liste von GUT, Klima Freunden und Die Partei überhaupt nicht in die Gremien gewählt wurde. GUT sieht sich als Opfer eines »großen Pakts«, der sie und die anderen kleinen Parteien ausgrenze — obwohl die Liste der drei kleinen Gruppen mehr Wählerstimmen habe als FDP und Volt, wie Zimmermann betont. Politisch ist GUT nun außen vor. In der vergangenen Legislaturperiode wurde man hingegen noch als Partner von CDU und Grünen umworben, wenn es darum ging Mehrheiten zu bilden — und auch, um den städtischen Haushalt zu beschließen. Wie bei der desolaten Finanzlage in Zeiten der Pandemie darin demnächst das Geld verteilt wird, entscheiden Politik und Dezernate demnächst. Während bei der Umstrukturierung der Verwaltung und den Aufsichts- und Verwaltungsräten der grüne Wahlsieg zu verblassen droht, zeigen sich im Ratssaal jedoch kleine Erfolge. Einen Prestige-Sieg gab es schon: Die finanzielle Unterstützung des Flughafens Köln-Bonn wird nun daran gekoppelt, leisere Maschinen starten und landen zu lassen. Das sind die Beschlüsse, die die Grünen brauchen, um ihre Wählerschaft mit guten Nachrichten zu versorgen. Die entscheidenden Weichen für mehr Wohnungen, Klimaschutz und die Verkehrswende allerdings werden zu einem großen Teil nicht im Rat gestellt.