Der Krise trotzen: Max Trompetter ist im Shutdown nur noch Koch-Boxen-Koch, Foto: Daniel Grünfeld

»Man kann sagen: selbst gekocht!«

Immer mehr Restaurants verkaufen Koch-Boxen. Max Trompetter vom Ritter Wülfing über den Shutdown, Kundenbindung und robusten Oktopus

Herr Trompetter, Sie kochen für das Ritter Wülfing im Agnesviertel, aber nun ist Shutdown. Jetzt verkaufen Sie Koch-Boxen. Bekommt es Ihre Kundschaft hin, dass es zu Hause schmeckt wie im Restaurant?

Man kann den Leuten natürlich nicht die Gerichte, wie wir sie fürs Restaurant kochen, eins zu eins mit nach Hause geben. Ich kann ja kein rohes Rinderfilet verpacken und sagen: Brat das mal, bis es medium ist. Kurz braten fällt also raus, wir setzen auf Schmorgerichte oder auf etwas, das man zwar kurz brät, aber das auch einen dankbaren Garpunkt hat. Ob man den Oktopus in unserer Fisch-Box zu Hause 30 Sekunden oder zwei Minuten brät, ist relativ egal. Beim Rehrücken wäre das ganhz anders.

Koch-Boxen sind wie Geisterspiele im Fußball: All das Atmosphärische fällt weg, die Sache kommt zu sich selbst. Aber für viele Menschen gehören halt die Bedienung im Restaurant, die anderen Gäste, und die Stimmung dazu.

Ganz klar! Deshalb machen wir kein Ready-to-eat-Essen, sondern Koch-Boxen. Wir wollen nicht, dass die Leute sich hier Essen nach Hause tragen und denken, das ist das Ritter Wülfing. Man kennt das doch von der Pizza, die schmeckt lauwarm nicht wie in der Pizzeria. Aber indem man das Essen zu Hause noch fertig zubereitet, hat man nicht nur eine bessere Qualität, sondern kann auch sagen: Ich hab gute Produkte aus dem Ritter Wülfing – aber ich hab auch selbst gekocht! Auch wenn es nur Warmmachen ist.

Sie vertreten die Generation junger Köche, die sagt: Es gibt kein Menü, sondern alle bestellen, was sie mögen, und das kommt dann auf den Tisch. Was bedeutet das für die Koch-Boxen?

Ja, unser Konzept im Ritter Wülfing ist, dass man zwei, drei Teller braucht, um satt zu werden. Das haben wir auf die Boxen übertragen. Die Boxen sind für zwei Personen konzipiert, es gibt vier  Komponenten für jeden. Also stehen dann acht Sachen auf dem Tisch zu Hause, wie bei uns im Restaurant.

Macht es das für die Koch-Boxen einfacher?

Nein, eine klassische Kochbox mit Gänsekeule, Rotkohl und Klößen ist auch gut umsetzbar. Wir bleiben unserer Idee treu, um weiter für unsere Kunden da zu sein und sie zu binden. Geld verdient man damit nicht. Es geht aber auch darum, dass die Mitarbeiter bei uns weiter beschäftigt sind, wir wollen weiter zu tun haben. Wir wissen ja nicht, wann wir wieder aufmachen können.

Wie ist die Stimmung im Shutdown?

Na ja, anfangs hieß es, der bleibt  nur im November. Jetzt ist es Dezember und wir wissen nicht, wie lange das alles noch dauert. Wenn die Hilfen für die Monate dann mal kommen, sorgt das zumindest dafür, dass man weitermachen kann. Aber planen kann man derzeit nichts. Man muss einfach durchhalten.

Klimaschutz war in der Gastronomie vor Corona ein großes Thema. Dann kam die Pandemie und mit ihr Take-away. Mittlerweile wurde sogar der Heizpilz in der Außengastronomie wieder üblich.

Das ist ein wichtiges und schwieriges Thema! Wir haben auch kompostierbare Verpackung, aber wir vakuumieren für die Boxen auch, das ist dann natürlich Plastik. Wenn wir das weitermachen wollen, müssen hier andere Lösungen her, ganz klar. Bloß war das jetzt so schnell nicht möglich.

Ihren Gästen fehlt im Shutdown der Restaurantbesuch. Was fehlt Ihnen?

Wir machen ja Gastronomie, weil wir gern Gäste haben. Die Stimmung im Restaurant, der Kontakt, all das ist unglaublich wichtig. Mir fehlt es daher mehr, Gäste zu bewirten als dass es mir als Privatperson fehlt, Essen zu gehen.

Sie haben früher im »Laden ein« mitgewirkt. Ein Lokal, in dem alle zwei Wochen neue Streetfood-Trucks mal den Restaurantbetrieb testen konnten. Wie hat Sie das geprägt? 

Ich hatte französische Küche gelernt. Die Zeit im Laden ein war unglaublich öffnend für mich. Unsere Speisekarte heute ist weltoffen und global. Das ist für mich die moderne Art: Alles zu kochen, worauf man Lust hat. Im Laden ein gab es auch viel vegetarisch und vegan. Auch das findet sich bei uns jetzt zu rund fünfzig Prozent auf der Karte.

Wird sich die stationäre Gastronomie künftig mehr auf zusätzliche Angebote ausrichten?

Es gibt ja  schon viele Restaurants, die ihre Produkte für zu Hause anbieten, sei es im Restaurant zum Mitnehmen oder in einem neuen Feinkostladen. Das geht natürlich auch als Online-Shop. Allerdings  benötigt man Lagerfläche und auch Kapazitäten. Wir haben normalerweise sechs Tage die Woche auf, und unsere Küche ist echt klein. Da kämen wir an unsere Grenze. Aber vielleicht überdauert die Koch-Box ja. Dann vielleicht nur an zwei Tagen im Monat. Essen to go, was letztes Jahr noch unsexy war, ist durch Corona attraktiv geworden.