Außenseiter: Kai Luke Brummer

»Moffie« von Oliver Hermanus

Oliver Hermanus erzählt von Homoerotik und Unterdrückung im Apartheid-Regime

Südafrika 1981, zur Zeit der Apartheid. Nicholas hat früh gelernt, besser den Mund zu halten und nicht aufzufallen. Selbst ein Blick kann verdächtig sein, wie er schon mit zwölf während eines Badeurlaubs mit der Familie gelernt hat. Er war dabei »erwischt« worden, wie er in der Dusche einen älteren Jungen etwas zu lange angeschaut und damit Schande über die ganze Familie gebracht hatte. Nun ist er 18 und wird, wie alle weißen Jungs seines Alters in den Wehrdienst eingezogen, um im Grenzgebiet zwischen Südwestafrika (dem heutigen Namibia) und Angola zu kämpfen und sein ethnisch segregiertes Heimatland vor der Bedrohung der »schwarzen Gefahr« und des Kommunismus zu verteidigen.

Für Nicholas ist das eine fremde, furchteinflößende Welt. Die Vorgesetzten ergötzen sich an der sadistischen Erniedrigung der kaum Volljährigen, und auch dem aggressiven Gehabe und den rassistischen Übergriffen seiner Kameraden versucht sich der ruhige, sensible junge Mann zu entziehen. Schnell wird er selbst zur Zielscheibe, auch das Schimpfwort »Moffie«, Afrikaans für »Schwuchtel«, fällt. Damit stigmatisieren sich die Jungs untereinander und in diesem Geiste werden sie auch bei den Militärübungen gedrillt. Denn der Feind wird nicht nur an der Staatsgrenze bekämpft, sondern als wehrzersetzend geltende Homosexualität auch in den eigenen Reihen.

Der vierte Spielfilm des 1983 geborenen Oliver Hermanus, nach der Autobiografie von André Carl van der Merwe, erinnert in seiner Inszenierung militärischer Unterdrückung und der homoerotisch aufgeladenen Situation an Stanley Kubricks Antikriegsfilm »Full Metal Jacket« (1987) und Claire Denis’ Fremdenlegionsdrama »Beau Travail« (1999). Die Kamera von Jamie D. Ramsay kommt dabei den Gesichtern der jungen Männer immer wieder extrem nahe, schweift dann wieder über den weiten Horizont der schroffen Landschaft und erzeugt mit seinen oft irritierend schönen, zärtlichen Bildern einen Kontrast zur beklemmenden Handlung. Wie schon in Hermanus’ Drama »Skoonheid« (»Schönheit«) 2011 geht es um toxische, weiße Männlichkeit in Südafrika, um strukturelle Diskriminierung von allem, was von der Norm innerhalb des herrschenden Systems abweicht. Wo »Skoonheid« von homophobem Selbsthass erzählt, zeigt »Moffie« wie dieser durch Scham und Ideologisierung bereits in jungen Jahren eingebläut wurde.

(dto) RSA/GB 2019, R: Oliver Hermanus, D: Kai Luke Brummer, Ryan de Villiers, Matthew Vey, 108 Min.