Form follows function: Streetballplatz im Grüngürtel

Kein Korb für Werbung

Die Stadt möchte, dass eine Sportartikel-Kette einen Basketballplatz im Grün­gürtel baut

Vier Körbe ohne heile Netze, vier Bänke ohne Lehnen, eine quadratische Betonfläche ohne Linien. Trotz simpler Ausstattung ist der Streetballplatz im Inneren Grün­gürtel beliebt. Die einen schmeißen selbst ein paar Körbe, die anderen schauen zu. Doch bald soll der Court zwischen Vogelsanger und Venloer Straße verschwinden — die Stadt plant unweit eine modernere Anlage. Auf der anderen Seite des Gehwegs sollen im Rahmen eines Sponsorings der Sportartikelkette Snipes zwei neue Spielfelder entstehen. Die bestehende Anlage kommt weg.

Im vergangenen Sommer hatte die Verwaltung ihre Pläne der Politik vorgelegt, die wohl im Frühjahr darüber abstimmen wird. Doch die Kritik wird lauter. »Die ganze ­Planung sollte eingestellt wer­­den«, sagt Martin Turck von der Bürgerini­­tiative Grüne Lunge. »Grünfraß und Versiegelung sind unser Hauptkritikpunkt«, sagt Turck. Die neue Anlage wäre etwa dreimal so groß wie die alte — 400 Quadratmeter werden entsiegelt, aber 1200 Quadratmeter würden neu versiegelt. Der Naturschutzbeirat der Unteren Naturschutzbehörde habe sich 2018 für das Vorhaben ausgesprochen, berücksichtige aber nicht den 2019 beschlossenen Klimanotstand. Zudem stehe der Innere Grüngürtel unter Denkmalschutz, sagt Turck. Das spiele in der Debatte bisher keine Rolle. Turck verweist auch auf das Schutzgut Boden: »Der ist an dieser Stelle mindestens siebzig Jahren nicht bewegt worden und sehr wertvoll.«

»Geschenke werden in Köln meist unkritisch angenommen«, sagt Marcel Hövelmann von der Wählergruppe GUT. »Der Snipes-Court ist dafür ein drastisches Beispiel.« Er hat im Beschwerdeausschuss des Rats eine Eingabe verfasst. Hövelmann kritisiert neben der Versiegelung den kommerziellen Ausverkauf öffentlicher Flächen: »Es wäre etwas anderes, wenn eine gemeinnützige Stiftung eine Schenkung vornimmt.« Snipes würde für die Baukosten von 415.000 Euro aufkommen, als Gegenleistung darf das Unternehmen sein Branding auf Boden, Korbanlagen und Tribüne platzieren und jährlich fünf Werbeveranstaltungen abhalten. Zudem firmiert der Platz künftig als »Snipes-Court«. Hövelmann sagt: »Eine bessere Marketingmaßnahme kriegt man für das Geld nicht.«

Aus Sicht des Stadthistorikers Werner Müller ist der jetzige Standort schützenswert, weil er für Köln luftfahrthistorisch bedeutend sei. Auch Müller wandte sich an die Stadt. Denn der quadratische Basketballplatz war früher ein Heliport. Bevor 1961 die ersten Langstreckenflüge aus Porz-Wahn gingen, brachten Helikopter die Passagiere für Transatlantikflüge von dort nach Brüssel. 1995 wurde diese alte Landeplattform mit Basketballkörben ausgestattet. Bald zeugen wohl nicht mal mehr fliegende Basketballer von diesem Kapitel Kölner Luftfahrtgeschichte.