Landen bisher nicht auf der Agenda der Landespolitik: Bienen und andere Insekten

Diverse Probleme

Die Volksinitiative Artenvielfalt NRW möchte die Landespolitik zu mehr Biodiversität verpflichten

Die Biodiversität hat Halbzeit. Seit Juli vergangenen Jahres läuft die Volksinitiative Artenvielfalt NRW. Die Initiative möchte — unterstützt von den Umweltverbänden BUND, Landesnaturschutzbund und Nabu — dem Verlust von Tier- und Pflanzenarten entgegenwirken. Eine globale Herausforderung, der sich die Landespolitik künftig mehr annehmen soll. Wenn es der Volksinitia­tive gelingt, bis Juni 66.000 Unterschriften zu sammeln, muss sich der Landtag mit ihrem Anliegen beschäftigen. Mitte Februar waren schon 70.000 Stimmen zusammen gekommen. Vergleichbares war 2019 etwa der Volksinitiative Aufbruch Fahrrad gelungen, die in Köln ihren Ursprung hatte.

 »Wir sind aufgrund der bis­herigen Rückläufe sehr positiv gestimmt, dass wir unser Ziel erreichen«, sagt Holger Sticht. Der Landesvorsitzende des BUND ist eine von zwei Vertrauenspersonen der Volksinitiative. Da die Prüfung der Unterschriften durch die Einwohnermeldeämter teilweise noch nicht abgeschlossen sei, erklärt Sticht, wolle man derzeit noch keine konkreten Zahlen nennen. Der Kölner wertet es als positives Zeichen, dass die Volksinitiative im gesamten Bundesgebiet Resonanz hervorrufe. Aus 393 von 396 Kommunen in NRW habe man bereits Rück­lauf erhalten. »Unser Anliegen ist flächendeckend in NRW angekommen.«

Größtes Artensterben seit Menschengedenken

Aus Sicht der Initiative ist es überfällig, dass sich die Landespolitik dem Thema Artensterben zuwendet. »Dass wir uns im größten Artensterben seit Menschengedenken befinden, spielt im politischen Tagesgeschehen keine entsprechende Rolle. Und gerade in NRW nimmt die Landesregierung ihre Verantwortung in diesem Bereich überhaupt nicht wahr«, sagt Sticht. Die Volksinitiative möchte der Politik nicht nur die Dringlichkeit des Themas verdeutlichen, sondern die Parteien auch dazu bringen, sich zum Thema zu positionieren. »Mit der Volksinitiative legen wir den Bürgerinnen und Bürgern das Thema zur Entscheidung vor und fordern auch die Politik auf, Stellung zu beziehen«, sagt Heide Naderer, Nabu-Landesvorsitzende und wie Sticht Vertrauensperson der Volksinitiative. Das sei bei der Kommunalwahl gut gelungen und auch das Ziel für die Bundestagswahl 2021 sowie die Landtagswahl 2022. »Dass ein Thema von dieser Bedeutung von der Landesregierung ausgesessen werden soll, ist traurig und nicht nachvollziehbar«, so Naderer.

Landesweite Initiativen stehen vor der Herausforderung, dass die Lebensrealität der Menschen im Flächenland NRW sehr unterschiedlich ist. Ländliche Regionen am Niederrhein oder im Münsterland haben andere Voraussetzungen als naturferne Ballungsräume wie das Ruhrgebiet oder die Millionenstadt Köln. »Aber jeder von uns benötigt biologische Vielfalt — ausnahmslos«, sagt Holger Sticht vom BUND. Die Volksinitiative stellt acht Forderungen an die Politik. »die das gesamte Bundesland abbilden. Wir haben uns auf Punkte beschränkt, die sich auch auf Landesebene umsetzen lassen«, so Sticht. Er nennt etwa die nachhaltige Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen im Besitz des Landes NRW. An Städte richten sich vor allem die Forderungen, Flächenfraß und Versiegelung von Böden zu stoppen. »Auch Städte tragen Verantwortung für die Biodiversität. Auf der anderen Seite ist eine Stadt wie Köln ja nicht autark, sondern davon abhängig, was im Umland passiert«, sagt Sticht.

Auch in anderen Bundesländern liefen oder laufen vergleichbare Initiativen. In Bayern führte das erfolgreiche Volksbegehren »Artenvielfalt & Naturschönheit« 2019 zu teilweise weitreichenden Änderungen in den Naturschutzgesetzen des Landes. In NRW hofft man zudem auf einen positiven Corona-Effekt. »Corona hat noch einmal gezeigt, dass Menschen Sehnsucht nach Naturräumen haben«, sagt Heide Naderer vom Nabu. »Das ist kein Thema, das nur ein paar Umweltschützer oder Hobby­ornithologen betrifft.«

artenvielfalt-nrw.de