Verkehrte Welt: Der Virus trägt Maske

»Jesus Shows You the Way to the Highway«

In Miguel Llansós Sci-Fi-Thriller toben Insektensoldaten und der Virus Sowjetunion

Auch nach dem elegisch-enigmatischen »Crumbs« bleibt Miguel Llansó seiner Liebe zum Experiment, zur Seltsamkeit und zur Science-Fiction treu — zieht das Tempo aber deutlich an. In »Jesus Shows You the Way to the Highway« kreuzt der spanische Regisseur Cyberpunk mit Martial Arts, Dystopie mit Verschwörungsthriller, Film Noir mit Exploitation Movie und Agentenserien aus den 70er Jahren mit Computerspielästhetik aus den 80er Jahren zu einem B-Movie der eigenen Art. Die Handlung ist naturgemäß nicht die Hauptsache, lässt sich aber wie folgt umreißen: Eigentlich will CIA-Agent D.T. Gagano (Daniel Tadesse) mit seiner Frau Malin (Gerda-Annette Allikas) eine Kickbox-Akademie mit angeschlossener Pizzeria aufmachen. Doch eine letzte Mission steht an: Mit Agent Palmer (Agustín Mateo) steigt er in die virtuelle Realität, um den Computervirus »Sowjetunion« zu stoppen, der das staatstragende Betriebssystem »Psychobook« lahmzulegen droht. Selbstverständlich geht der Auftrag schief. Gefangen in einem Paralleluniversum gerät Gagano ins Visier des despotischen Präsidenten Batman, muss sich Insektensoldaten mit Laseraugen erwehren und trifft auf den freundlichen Sektenführer Roy, der sich nur gelegentlich für Jesus hält. Was wirr klingt, funktioniert durchaus verlässlich als roter Faden. Llansó baut seine filmischen Vorlagen audiovisuell mit minimalem Budget, großer Kompetenz und Lust an der parodistischen Übertreibung nach.

Gestützt auf einen mal treibenden, mal melancholischen Free-Jazz-Score gelingt ihm das Kunststück, die eklektischen Motive zu einem ästhetischen Ganzen zu verschmelzen. In seiner Vorliebe für überlappende Wirklichkeitsebenen und handgemachte Effekte erinnert das an das Kino eines Michel Gondry — ohne dessen Selbstverliebtheit. Llansó feiert nicht vor allem den eigenen Ideenreichtum, er will sein Publikum immer unterhalten. Statt auf die lauten Lacher, zielt er auf ein latentes Lächeln, das sich verlässlich alle paar Augenblicke einstellt: Etwa wenn im Cyberspace der Virus mit Stalin-Pappmaske die Agenten in einen Stop-Motion-Kampf mit Hammer und Sichel verwickelt. Zu einem Klassiker des absurden Films fehlt es »Jesus Shows You the Way to the Highway« zwar an echten Irritationen und übergreifenden Sinnschichten. Die aufrichtige Zuneigung aber, die er seinen Charakteren entgegenbringt, lässt ihn in jedem Fall weit über einschlägige Vertreter des What-the-Fuck-Films wie »Sharknando« oder »Kung Fury« hinauswachsen.

(dto) S/EST/ET/RO/LV 2019, R: Miguel Llansó, D: Daniel Tadesse, Gerda-Annette Allikas, Agustín Mateo, 82 Min., Start: 18.2., Blu-ray-VÖ: 12.3.