Viel Platz für Raves: Stas (links) und Andrey Redkov in heimischen Weiten

Komplexe Clubsounds

Das Brüderpaar Stas und Andrey Redkov ist ­beeinflusst durch die Geräuschkulisse Asiens

St. Petersburg versteht sich als das Herz des russischen Undergrounds. Die Millionenstadt am baltischen Meer bringt seit jeher Künstler aller Sparten hervor, Radial Gaze sind da keine Ausnahme. Während Andrey Redkov mittlerweile als A&R und Mastering Engineer für Avacha Records arbeitet, einem Label für zeitge­nössische russische Musik im Club und Zuhause, ist Stas beim Theater gelandet. Das moderne Theater mit seiner freien Herangehensweise an den kreativen Prozess hat es ihm angetan. Hier kann er sich als Sounddesigner im Audiolabor austoben. Als Radial Gaze mischen sie mechanische, »russisch« klingende Perkussion mit einer großen Palette an Clubsounds. Das Ergebnis liegt jetzt auf Vinyl vor, veröffentlicht von Feines Tier, einem Kölner Label.


Fangen wir mit euren Einflüssen und Inspirationen an …

Stas: Unser Vater hatte eine Kassettensammlung. Da war alles dabei, von Psychedelic Rock über russischen Folk, Daft Punk und Eurodisco, die Chemical Brothers, aber auch kitschiger Pop aus den 90ern und New Wave. Ich bin dann auf eine Musikschule gegangen und habe einen Abschluss als Jazz-Gitarrist gemacht.

Andrey: Lange Zeit habe ich bei einer Bank gearbeitet und nebenher aufgelegt. Irgendwann wurde das Hobby zum Beruf. Es gab aber auch eine Zeit als Backpacker auf Reisen. Indien, China, Malaysia, Indonesien … All diese verrückten Geräusche von dort, die du in Europa nicht findest, die bleiben in einem stecken. Aus solchen Kulturschocks und Inspirationen sind Radial Gaze gewachsen.


Seit 2016 arbeitet ihr musikalisch zusammen, was ist eure Agenda?

Stas: Wir wollten beide kreativ und als Musiker wachsen. Wir wussten, wir können uns dabei gegenseitig helfen. Also gingen wir gemeinsam ins Studio und probierten alle möglichen Dinge aus, um herauszufinden, was genau wir eigentlich wollen. Jetzt geht es viel schneller, wir komplementieren uns gut. Andrey hat die technischen Lösungen parat, während ich mich auf die Suche nach neuen Ideen für Melodien mache.

Andrey: Es dauert relativ lange, bis wir uns auf einen Sound einigen können, aber am Ende wissen wir, kommt immer etwas Gutes dabei heraus.


Wie schätzt ihr den aktuellen Status Quo der elektronischen Musik ein?

Stas: In der elektronischen Musik wieder es gerade wieder komplexer. Folk und Ethno sind präsent bringen eine Authentizität mit sich, wie man sie in den 80ern oder 60ern erleben konnte. Das Spiel mit diesen Stilen birgt sowohl Erinnerungen als auch Sinnlichkeit.

Andrey: Wir machen uns das zunutze und verbinden hybride Instrumental-Kompositionen mit komplexem Sounddesign. Falls wir eine LP schreiben, gibt es dann wieder neue Ideen. Vielleicht ein Album nur aus Samples von unserer Stadt?

Die »Apollonius«-EP ist erschienen bei Feines Tier, feinestier.de