»Dawn of the Felines«: Zusammen abwarten

Waitploitation

Out of the past – Filmgeschichte für Zuhause

Dieser Tage bekommt man eine Ahnung von der Brillanz des japanischen Regisseurs Kazuya Shiraishi. Ja, man versteht, was ihn so umtreibt. Sein »One Night« (2019) ist im JFF Plus: Online Festival-Stream zu bestaunen (Seite 50), »Dawn of the Felines« (2017) erscheint für den Heimmedienmarkt. Sie fallen in entschieden unterschiedliche Kästchen des Genrerasters — ersterer ist ein klassisches Drama, letzterer feinste Erotica — drehen sich jedoch beide um dasselbe Motiv: das Warten. In »Dawn of the Felines « etwa wird auf Freier gewartet, die Nacht hindurch, bis in den nächsten Morgen, an dem die Welt vielleicht anders ausschaut als am Abend zuvor gedacht. Es ist ergiebig, sich Shiraishis Schaffen generell auf die Frage nach der Dauer hin anzuschauen: Wie aus dem Unwillen, auf bessere Zeiten zu hoffen, anarchische Energie wird (in seinem Film über die Anfangsjahre von Sexfilm-Pionier Wakamatsu Kōji, »Dare To Stop Us«, 2018), oder wie das Aussitzen einer unglücklichen Beziehung in eine Katastrophe zu führen scheint (in seinem Drama »Birds Without Names«, 2017). Wenn wir schon bei der Erotica sind, dann ist der Weg zur Sexploitation nicht weit: Ebenfalls im März erscheint auf Blu-ray »Black Mama, White Mama« (1973) von Eddie Romero, einem der ganz wenigen Regisseure in der Geschichte des Kinos, der von sich behaupten kann, alles gemacht zu haben: vom heimischen Nationalepos »Aguila« (1980) bis zu Weltmarktbilligunterhaltungsfutter wie dieser an Nuditäten, Kampfsport und Feminismus- sowie Black-Power-Parolen reichen Variation über Stanley Kramers »The Defiant Ones«. Erwähnt seien hier nur kursorisch zwei aktuelle Werke, die sich aus demselben Fundus an Pulp-Mythologie bedienen: Einerseits Dimitri Logothetis’ zwischen 1970er-Jahre-Autokino- und 1980er-Jahre-Direct-to-Video-Fließbandgenie situierter Science-Fiction-Martial-Arts-Monster-Klopper »Jiu Jitsu« (2020). Andererseits Sam Lius prächtig Kiosk-Comic-Poesie-pralle Animation »Batman: Soul of the Dragon« (2021), der Gothams Vigilanten Nr. 1 mit der Welt von Bruce Lee, Jim Kelly und Marrie Lee konfrontiert. Es muss auch einfach mal gesagt werden, dass das DC Animated Original Movies Universe ungleich interessanter ist als sein Spielfilmpendant...Aber bis wir die letztgenannten Wunderwerke hier zu sehen bekommen, heißt es erst mal wieder: Warten.

Dawn of the Felines — Sündiges Tokio (Mesunekotachi), J 2017, R: Kazura Shiraishi, D: Satsuki Maue, Juri Ihata, Satsuki Maue, 82 Min.

Frauen in Ketten — Black Mama, White Mama USA 1973, R: Eddie Romero, D: Pam Grier, Sid Haig, Margaret Markov, 87 Min.