Blickt ins Abseitige: Gerrit Völker, Foto: Maternus

Das Veedel fordern

Im Severinsviertel zeigt Maternus, wie man eine moderne Buchhandlung führt

»Nein, wir haben nichts geplant«, sagt Gerrit Völker. »Wenn wir wieder öffnen dürfen, ist das schon ein Grund zum Feiern.« Völker läuft zwischen Kasse und Eingangstür hin und her, nimmt Geld entgegen und händigt Bücher aus. Die Maternus-Buchhandlung an der Severinstraße ist derzeit ein Bücherkiosk, aber seit Jahresbeginn ist es sein Bücherkiosk. »Ich habe während des Studiums hier angefangen«, sagt Völker. Er kümmerte sich um das Sortiment, brach seine Promotion ab und wurde vom Buchhändler zum Buchhandlungsbetreiber. »Eine Übergabe dauert fünf bis sechs Jahre«, sagt Völker. Rechtliche Fragen müssen geklärt werden, außerdem muss man entscheiden, was mit dem Sortiment passiert. Und dann ist da noch die Gefahr, von einer großen Buchhandelskette gekauft zu werden. »Unsere Vorbesitzerin hat gesagt, dass sie lieber schließt, bevor sie an einen Filialisten verkauft«, erzählt Völker.

Als neuer Besitzer baut er gerade um. Die Sachbuchabteilung im Erdgeschoss wird vergrößert,  im ersten Stock gibt es zukünftig Kinderbücher und Comics, samt kleiner Leseecke. Ist das riskant während einer Pandemie? »Die Buchhandlung steht gut da«, sagt Völker. Obwohl der Buchhandel insgesamt im vergangenen Jahr weniger Umsatz machte, berichten viele kleine Buchhandlungen von gestiegenen Einnahmen — auch Maternus. »Im Veedel hat es bei vielen Buchhandlungen gut funktioniert«, sagt Völker. »Es kommen gerade viele Themen auf, die Menschen entwickeln wieder eine kritische Haltung und wollen Informationen haben.« Besonders Sachbücher über Rassismus und Feminismus hätten sich in seiner Buchhandlung in den vergangenen Monaten gut verkauft.

Der Schwerpunkt von Maternus liegt aber auf Literatur. Völker stellt immer wieder bestimmte Titel in den Vordergrund, von denen er überzeugt ist. »Viele, die hierher kommen, gehen mit einer Empfehlung wieder heraus.« Im vergangenen Jahr hätten sich besonders »Picknick im Dunkeln« von Markus Orths und der Gefängnis-Roman »Palast der Miserablen« von Abbas Khider gut verkauft, zwei Bücher, die ihm sehr am Herzen lagen. »Mir macht es Spaß, Erwartungen zu unterwandern«, sagt Völker. »Wir segeln etwas steiler als das Veedel, aber das Veedel nimmt das gut an.«