Liebe zu dritt: »Edward II.« am Schauspiel Köln, Foto: Ana Lukenda

Die Liebe bin ich

Pınar Karabulut erzählt in einer Mini-Serie die queere Liebesgeschichte von »Edward II.«

Lord, oh, Lord, was macht uns die Liebe trunken! Keine Sekunde zögert Edward II., als er kurz nach dem Tod des Vaters seinen Geliebten Gaveston aus der Verbannung holt. Seine erste Amtshandlung als neuer König — und der Auftakt in Pınar Karabuluts sechsteiliger Mini-Serie, gefilmt auf einem regennassen Parkdeck, irgendwo in Köln. Aus einem dunklen Tesla entsteigt Edward (Alexander Angeletta) mit Strahlendiadem auf dem roséfarbenen Haar und übergibt seinem Hofdiener einen geheimnisvollen Brief. Da ahnt man bereits: Es werden Köpfe rollen.

Bis es soweit ist, geht es in Karabuluts exklusiver »Dramazon Prime«-Produktion aber vor allem um die Liebe, oder besser gesagt: um ihren Versuch. Denn natürlich ist am Hofe niemand erfreut über die Liaison des Königs, nicht seine Ehefrau Isabella (Nicola Gründel) und schon gar nicht die machtgierigen Peers, Angehörige des Hochadels. Der geliebte Gaveston (Justus Maier), wir sehen ihn zaghaft zögern, nutzt die Gelegenheit zum Ausbruch aus der tristen Plattenbauwohnung mitsamt ihren Clark Gabel-Postern, antirassistischen Büchern und Fischstäbchen, direkt aus der Pfanne. Er kehrt zurück an den Hof, zurück ins Hotel Exelsior-Bett von Edward, und irgendwann landet er sogar mit dem Königspaar gemeinsam in der Badewanne.

Karabulut erzählt die queere Liebesgeschichte, geschrieben von Christopher Marlowe und viel später umgedichtet von dem österreichischen Dramatiker Ewald Palmethofer, auf ihre eigene Weise: Sie zitiert, was der heteronormative Kanon her gibt. »I want you to draw me like your French girls«, flüstert Edward mit blauem Brillant um den Hals, eine Szene, die exakt der zwischen Jack und Rose in »Titanic« nachempfunden ist. Sie zeigt minutenlang eine wahnsinnig ästhetische Sex-Szene zwischen Edward und Gaveston, sie kopiert beim »Paten«, beim Film noir, sogar bei TV-Aufnahmen aus dem britischen Königshaus. Nämlich als sie Edward auf die Frage, ob er und Isabella noch »in love« seien, in Prinz Charles-Manier antworten lässt: »Whatever love means.«

Dabei ist die Königin keineswegs die »desperate housewife«, die nicht blickt, dass ihr Mann homosexuell ist. »Trauer, Schwermut, weil mein König mich zu übersehen pflegt«, sagt sie an einer Stelle, sie will Edward eben einfach auch haben. Doch die Liebe, wie sollte es anders kommen, sie endet auch bei Karabulut im blutigen Desaster — wenn auch sogar das in wunderschöner Sprache vorgetragen.

Alle Folgen jederzeit abrufbar bei »Dramazone Prime« im Schauspiel Köln