»Köln sollte mit gutem Beispiel vorangehen« — Karina Syndicus (GUT)

Die 40-Prozent-Hürde

GUT fordert mehr Frauen in städtischen Gremien

Eigentlich sollen aus dem Stadtrat jeweils 40 Prozent Frauen in die Aufsichts- und Verwaltungsräte der städtischen Unternehmen entsandt werden, also etwa bei Sparkasse, Rheinenergie oder KVB. Doch immer noch sind diese Gremien oft überwiegend mit Männern besetzt. Auch der neue Rat hat nur 36,7 Prozent Frauen entsandt. Die Ratsgruppe GUT prangert das an. Deren beiden Mitglieder Karina Syndicus und Thor Zimmermann nahmen das zum Anlass, an den Public Corporate Governance Kodex (PCGK) zu erinnern, den der Rat beschlossen hat. Dort ist eine Frauenquote von mindestens 40 Prozent verankert; ebenso wie im NRW-Gleichstellungsgesetz (LGG). 

Auf die Anfrage von GUT entgegnet OB Henriette Reker, dass die Quote im PCGK eine freiwillige Verpflichtung sei. Werde sie nicht eingehalten, müssten die städtischen Unternehmen dies in ihrem Transparenzbericht begründen. Es gelte zudem auch andere Kriterien als das Geschlecht zu berücksichtigen, etwa Kompetenz. Auch sei die Quote im LGG bloß eine »Soll-Vorschrift«, die Aufstellung der Listen für die Gremien obliege allein den Ratsmitgliedern, sagt Reker, die an anderer Stelle stets für eine Quote eintrat. Karina Syndicus von GUT enttäuscht die Antwort: »Eine Stadt wie Köln, die so divers und auch so stolz darauf ist, sollte bei der Quote mit gutem Beispiel vorangehen.«

Sandra Schneeloch von den Grünen begrüßt die Initiative von GUT. So sei klar geworden, dass Köln hinter den eigenen Ansprüchen zurückbleibe. Schneeloch gehört zu den 36,7 Prozent Frauen in Kontrollgremien: Sie ist Vorsitzende des Aufsichtsrats der Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB) und als Finanz- und Wirtschaftsexpertin der Grünen im Verwaltungsrat der Sparkasse und im Aufsichtsrat der Köln Business Wirtschaftsförderung. Vor den Kommunalwahlen hat sie für die Grünen Workshops geleitet, um Frauen auf die Arbeit in Aufsichtsräten vorzubereiten. »Viele Frauen brauchen Motivation, sich in Themen wie Wirtschaft und Finanzen einzuarbeiten«, sagt sie. »Männer haben da oft ein anderes Selbstverständnis und übernehmen auch Aufgaben ohne Vorkenntnisse.«  Andererseits könne man Frauen auch nicht sagen, sie dürften sich nicht mehr für Sozial- oder Schulpolitik engagieren, sondern müssten jetzt Wirtschafts- und Finanzpolitik machen oder Aufsichtsratsposten übernehmen. Das Problem beginne früher. »Wenn im Rat schon bloß etwa 40 Prozent Frauen sitzen, wird es umso schwieriger, aus dieser Gruppe noch Aufsichtsräte und Ausschüsse paritätisch zu besetzen.« Schneeloch findet, es sollten schon auf den Listenplätzen der Parteien 50 Prozent Frauen stehen. Es müsse ein Kulturwandel stattfinden. Auch könne Geschlecht nicht einziges Merkmal einer Quote sein. »Um Vielfalt herzustellen, brauchen wir eine bessere Repräsentanz auch mit Blick auf soziale Herkunft, Migrationshintergrund, Religion, Menschen mit Behinderung, Bildungsabschluss und so weiter«, sagt Schneeloch. » All diese Menschen bringen mit ihrer Erfahrungen und Ideen eine vielfältige Stadt voran.«

Bei GUT sieht man das ähnlich. Syndicus möchte zwar »divers« als Geschlecht berücksichtigen, aber auch für sie sind noch andere Merkmale wichtig. GUT hat etwa nicht nur auf Geschlechterparität geachtet, sondern auch darauf, dass abwechselnd Vertreterinnen und Vertreter aus dem links- und rechtsrheinischen Köln auf den Listenplätzen stehen. Abgesehen davon,  die Gleichstellung von Frauen mit Quoten durchzusetzen: Wie würden Kontrollgremien besser, wenn mehr Frauen vertreten wären? »Die Perspektiven werden vielfältiger«, sagt Karina Syndicus. »Wenn im Unternehmen Frauen Kinder haben wird das oft noch nicht ausreichend berücksichtigt, etwa wenn es um die Organisation der Arbeit geht und auch darum, neben der Lohnarbeit auch die Care-Arbeit wertzuschätzen.« Das wäre zumindest eine gute Nachricht für Frauen bei den Abfallwirtschaftsbetrieben. Während etwa bei den Köln Bädern im Aufsichtsrat nur eine einzige Frau sitzt, wählte der Rat in den AWB-Aufsichtsrat 80 Prozent Frauen. Allerdings heißt es im PCGK, die Gremien sollten sich »zu mindestens 40 Prozent aus Frauen und zu mindestens 40 Prozent aus Männern zusammensetzen.«