Verlosungsdrama Schulplatzvergabe

Die große Kinderlotterie

Die Schulverwaltung macht Bildung in Köln zur Glückssache

Alle Frühjahre wieder muss die Stadt Köln unerfreuliche Zahlen vermelden — die Anzahl der Ablehnungsbescheide von weiterführenden Schulen. So schlimm wie jetzt war es noch nie. 700 Kinder bekamen von Gesamtschulen eine Absage, 400 von Gymnasien. Auch an Realschulen hat diesmal nicht jedes Kind seinen Wunschplatz bekommen. Früher haben Stadt und Bezirksregierung den Kindern in aufwändigen Verfahren individuelle Alternativen gesucht. Jetzt hat die Schulverwaltung offenbar kapituliert.

Im laufenden Verfahren — Kinder und Eltern hatten bereits einen Zweitwunsch angegeben — änderte die Stadt die Spielregeln: Wer abgelehnt wurde, sollte sich selbst um einen Platz an einer anderen Schule kümmern. Ebenso wie in der ersten Runde werden auch hier die Schulplätze verlost, wobei wiederum viele leer ausgehen werden. Die Schulen scheuen Auswahlverfahren nach Kriterien wie etwa der Länge des Schulwegs, weil Klagen drohen. Losverfahren seien die einzig gerichtsfeste Methode. Die Verzweiflung ist groß in vielen Familien: Es drohen weite Schulwege quer durch die Stadt. Bis zu anderthalb Stunden Fahrtzeit pro Richtung gelten als zumutbar, eine Regelung, die für den ländlichen Raum gedacht war.

Die Verantwortlichen schieben sich den Schwarzen Peter zu. Man würde ja weitere Mehrklassen an besonders gefragten Schulen einrichten, aber das erlaube die Bezirksregierung nicht, sagt die Schulverwaltung. Die Bezirksregierung zeigt mit dem Finger auf die Stadt Köln, die den Schulbau jahrelang vernachlässigt habe. Irgendwann sei halt Schluss mit ständigen Ausnahmegenehmigungen. Wer nun mehr Schuld an der Misere trägt, interessiert Grundschülerinnen aber nicht, die, statt mit ihren Klassenkameraden die weiterführende Schule besuchen zu können, gegen sie im Losverfahren antreten müssen. Jahrzehntelang hielt die Stadt ihre Schulen nicht instand und vernachlässigte den Schulbau. Köln fehlen vierzig Schulen, sagte die damalige Schuldezernentin Agnes Klein (SPD) schon vor vier Jahren. Alle »Schulbauoffensiven« und »beschleunigte Verfahren«, zeigen kaum Wirkung. Auch auf den nun von Schuldezernent Robert Voigtsberger (SPD) angekündigten »Pakt für Schulen« sollte man keine Hoffnungen setzen. Seit 2014 sind die Geburtenzahlen deutlich gestiegen; zudem bleibt in fünf Jahren mit dem Übergang zum neunjährigen Gymnasium ein kompletter Jahrgang zusätzlich im System. So schlimm das diesjährige Verlosungsdrama für viele Familien ist: Es ist wohl erst der Anfang.