Wartet auch auf die Öffnung der Außengastronomie: Jörg Beste

»Oft reichen ein paar Tische«

Jörg Beste vom Architektur Forum Rheinland über Außengastronomie am Rhein, soziale Baukultur und kölsche Koniferen-Kübel

Herr Beste, irgendwann wird die Außengastronomie wieder öffnen. Sie sind Geschäftsführer des Architektur Forum Rheinland (AFR), das dieses Jahr aus fachlicher Sicht das Verhältnis von Stadt und Rhein betrachtet. Was fällt Ihnen an den Ufern gastronomisch auf?

Es ist ernüchternd. Städte wie Mainz oder Bonn, zelebrieren den Rhein gastronomisch weitaus besser und schöner als Köln.


Die Stadt Köln am Rhein hat also keinen Respekt vor dem Fluss, der so oft besungen wird?

Nein. Aber Köln liegt ja gar nicht so sehr am Rhein. Köln liegt an Verkehrsschneisen, die am Rhein liegen.


Es gibt doch Terrassen am Rhein­ufer.

Und dort sieht es oft aus wie am Rheinpark: Zäune samt Einlasskontrollen vor Sandaufschüttungen, die sich Beach Club nennen. Andere Orte bleiben Jahrzehnte ungenutzt, etwa der alte Messeturm oder auf der anderen Rheinseite die Bastei. Jenseits der Innenstadt ist es nicht besser: Das denkmalgeschützte Ulrich-Haberland-Haus im Stammheimer Schlosspark gammelt vor sich hin. Dabei wäre es ein hervorragender Ort, um mit Blick auf den Fluss ein tolles Angebot zu machen.


Was sollte passieren?

Es geht nicht um Sterne-Köche und Terrassen mit Hunderten Plätzen. Es müssen auch nicht die üblichen Brauerei-Gastronomien sein, die mit immer gleichem Mobiliar massive Gemütlichkeit herstellen wollen. Ich meine niederschwellige, einfache Angebote, die auch für Gastwirte keine große Investition darstellen. Das könnten zunächst Pop-up-Biergärten oder Foodtrucks sein, die auch nur zeitweilig dort ständen.


Bedeutet das nicht, dass noch mehr öffentlicher Raum kommerzialisiert wird?

Ein wichtiger Aspekt. Natürlich müssen Orte bleiben, wo Menschen ihr Picknick machen können. Aber wir haben rund 60 Kilometer Rheinufer. Dort entlang perlenkettenartig Gastronomie anzubieten, wäre gut. Selbst die »Tatort«-Bratwurstbude hätte an einer geeigneten Stelle Zuspruch gefunden, aber dann parkte man sie am Schokoladenmuseum und nun ist sie ganz im Museum verschwunden.

 

Sehen Sie nicht auch ästhetische Probleme?

Es darf halt nicht so aussehen, wie Außengastronomie in Köln leider oft aussieht — mit Windabweisern, Koniferen-Kübeln und mit Werbung bedruckten Riesen-Schirmen. Oft reichen Tische und Stühle. In Basel hat man vor einigen Jahren die Gestaltung der Rheinufer diskutiert. Das Ergebnis waren teils sehr simple, aber gute Maßnahmen, etwa eine Buvette.


Was bitte ist eine Buvette?

Eine Art umgestalteter Bauwagen, der wie ein Kiosk an den Rhein gestellt wird, mit Klappstühlen davor. Das bringt an bestimmten Stellen gastronomische Versorgung, hat Charme und sorgt nebenbei für soziale Kontrolle. Wenn man aber einen internationalen Architektenwettbewerb mit hohen Kosten ansetzt, um ein Wunder-Kiosk zu bauen, wird das krachend scheitern, weil Anspruch und Inhalt überhaupt nicht zusammenpassen.


Ist das von Ihnen, der für Baukultur eintritt, jetzt ein Plädoyer für Bauwagen und Bratwurstbuden?

Aber Baukultur heißt doch nicht, dass alles aussehen muss wie in den Animationen der Investoren! Baukultur meint auch nicht nur Architekten in schwarzen Rollkragenpullis. Bei Baukultur geht es um die Gestaltung unserer Lebensumgebung. Da geht es um Soziales, nicht nur um Ästhetik. Eben das könnte man bei der Außengastronomie am Rhein ja mal ausprobieren.


In Rodenkirchen liegen seit Jahrzehnten Gastronomieschiffe vor Anker. Gute Idee?

Im Sommer bekommt man dort oft keinen Platz mehr. Die Nachfrage ist da. Insofern das schifffahrtsrechtlich möglich ist, könnte ich mir so etwas auch in Mülheim oder am Deutzer Hafen zumindest zeitweise vorstellen.


Was fällt Ihnen in der Innenstadt ein?

Zum Beispiel die Deutzer Werft. Die Fläche wird zweimal im Jahr als Festplatz freigehalten. Aber warum kann in der restlichen Zeit hier nicht auch ein Biergarten sein? Es gibt diese Potenziale in der Innenstadt, wo man auch Stadt noch mal anders erleben könnte.


Haben Sie Lieblingsorte, die gastronomisch genutzt werden sollten?

Oh, einige. Etwa die denkmalgeschützte Kranbahn von Felten & Guilleaume nördlich der Mülheimer Brücke. Die steht mit nassen Füßen im Rhein vor dem Rhein­uferweg. Die mal mit Biergarten­garnitur auszustatten, wäre einen Versuch wert. Es geht um vielleicht zwanzig Plätze. Mehrere solcher Orte würden der Stadt gut tun. Köln fehlt der Mut zum Ausprobieren und zur Improvisation.