»Im Kosmos der Aromen taucht Mais selten auf«

Gelb allein macht auch nicht glücklich

Ab Juni gibt es heimischen Mais. Aber was fangen wir bloß damit an?

Gelb ist er und macht manches Essen bunter. Aber was sonst gäbe es Gutes über den Zuckermais zu berichten? Jetzt ist heimische Freilandware zu haben. Doch wer kennt ein kulinarisches Mais-Rezept? Populär ist ein WG-Klassiker. Das geradezu burleske Gericht ist flott gezaubert: Je eine Konservendose Mais, Kidneybohnen und Thunfisch öffnen und den Inhalt vermengen. Essig und Öl nach Gusto, viel Tabasco für den Pepp. Die Veggie-Variante ersetzt den Fisch durch Schafskäse. Appetit bekommen? Geht so, oder?

Aber welche Ideen gibt es denn sonst zum Mais? Am Stück und bloß mit Butter? Dann gart man die Kolben zunächst in kochendem Wasser und kann sie danach noch auf den Grillrost legen. Aber immer ist Mais bloß farben­frohes Beiwerk für Fleisch, Fleischersatz oder was da sonst noch verbrutzelt.

Letzter Versuch: Man kann den Mais zur Suppe machen, mit Schalotten, Lorbeer sowie mit Curry oder einer Gewürzpaste, aber nur dezent, damit das eigentliche Aroma gewahrt bleibt; es ist süßlich, keinesfalls herzhaft oder pikant. Daher ist auch ein Mais-Eis keine allzu verrückte Idee. Aber braucht man’s? Es ist zwecklos, der Mais ist ein hoffnungsloser Fall. Im »Geschmacksthesaurus«, Niki Segnits Foodpairing-Bestseller von 2010, ist zwar ein ganzer Kosmos von Aromen vermessen, doch Mais taucht nicht auf. 

Für die Welternährung kommt dem Mais eine wichtige Rolle zu, gleich hinter Reis und Weizen. Ja, Mais ist ein Getreide.

In den USA und Mittelamerika ist der Anbau wirtschaftlich bedeutsam, es gibt landestypische Maisgerichte. Doch die meisten  sind nie über den Status sättigender Snacks hinausgekommen. In Deutschland erreichte der Mais jahrzehntelang fast nur als Konserve den Verbraucher. Umso präsenter ist er heute, bloß nicht bei Tisch: Er breitet sich stattdessen wie Raps auf endlosen Feldern aus, und ebenso wie beim Raps kann seine leuchtende Farbe nicht die Schattenseiten überblenden: Mais dient fast nur als Tier­futter oder zur Befeuerung von Biogas-Anlagen. Fachleute sprechen von der »Vermaisung der Landschaft«. Etwas mehr Vermaisung auf den Tellern talentierter Köchinnen und Köche wäre hingegen schön.