Oben wohnen Menschen, unten ihre Autos: Tiefgarage im Clouth-Quartier in Nippes

Blech gehabt

Der Rat beschließt, dass bei Neubauten weniger Parkplätze gebaut werden müssen

Droht den Kölnern das »große Parkchaos«? Davor warnt jedenfalls die FDP. Grüne und CDU würden immer mehr Parkplätze am Straßenrand streichen. Bevormundung sei das, wettert die Ratsfraktion: »Wer sich ein Auto kaufen will, weil er es für Großeinkäufe, Urlaubsfahrten oder Verwandtenbesuche auf dem Land braucht, der muss dies ohne schlechtes Gewissen tun können«, heißt es in der Pressemitteilung. »Und diese Autos müssen irgendwo parken. Die Stadt hat die Verantwortung dafür, dass es genug Stellplätze gibt.« Eine breite politische Mehrheit sieht das anders und hat eine neue Stellplatzsatzung beschlossen. Bauherren müssen künftig wohl deutlich weniger Parkplätze einplanen.

Nach einem Jahr Beratung haben Grüne, CDU und Volt mit der Linken im Stadtrat die Satzung gegen FDP und SPD verabschiedet. Sie regelt nun zum ersten Mal auf kommunaler Ebene, wie viele Parkplätze in Neubauten entstehen müssen, welche Ausnahmen gelten — und zu welchem Preis Investoren sich von der Verpflichtung freikaufen können.

Während die Stellplatzvorgaben, in den 30er Jahren eingeführt, ursprüng­lich die Anschaffung eines Autos für breite Bevölkerungsschichten attraktiv machen sollte, werden sie nun genutzt, um Anreize für den Verzicht zu schaffen. Sichere Plätze für Fahrräder, Carsharing oder eine gute ÖPNV-Anbindung können die Zahl der vorgeschriebenen Pkw-Stellplätze auf die Hälfte reduzieren.

Die Stadtverwaltung verweist auf das Ziel, bis 2025 den Anteil des Auto­verkehrs auf ein Drittel zu senken. Außerdem soll die Neuregelung für günstigeren Wohnraum sorgen. Für Sozialwohnungen etwa werden weniger Stellplätze veranschlagt.

Die Verwaltung argumentiert, dass sich die neue Satzung stärker am »tatsächlichen Bedarf« orientieren solle. Der ist aber schwierig zu ermitteln und soll ja gerade gesenkt werden. Die Vorgaben waren bislang eher pauschal: Pro Wohnung musste etwa ein Stellplatz geschaffen werden; die Kosten wurden oft auf alle Eigentümer und Mieter umgelegt. Damit haben auch jene Bewohner die Plätze mitfinanziert, die gar kein eigenes Auto besitzen.

»Wir rechnen mit einem sehr langfristigen Effekt«, sagt Max Pargmann, Vertreter von Volt im Verkehrsausschuss. Der kleinste Partner im Rats­bündnis hatte sich nicht mit allen Forderungen durchsetzen können, aber auf Beispiele andernorts verwiesen. In Hamburg etwa ist es Bauherren freigestellt, ob sie überhaupt Stellplätze schaffen. In Baden-Württemberg sei eine Reduzierung um 70 Prozent möglich. Und in Japan sei gar die Zulassung eines Autos an den Nachweis eines Stellplatzes gebunden, sagt Pargmann.

Der ADFC begrüßt die neuen Vorgaben, Parkplätze für Fahrräder, insbesondere für Lastenfahrräder zu schaffen. »Wir wissen, dass die Park­situation für viele ein Grund ist, kein Lastenrad anzuschaffen«, sagt Christoph Schmidt. Klagen, wie von der FDP vorgebracht, kann er nicht nachvollziehen. »Es gibt nicht zu wenig Parkraum, höchstens zu wenig Parkplätze vor der eigenen Haustür«, sagt Schmidt. Autofahrern sei zuzumuten, ein paar Hundert Meter zum nächsten Parkhaus zu gehen. Die Situation sei zudem in den Veedeln sehr unterschiedlich.

Die Bauwirtschaft hofft ohnehin, weniger teure Tiefgaragenplätze errichten zu müssen. Martin Frysch, Vorstand der Sülzer Wohnungsgenossenschaft, berichtet von vier Halbgeschossen in der Tiefgarage unter dem Neubau­viertel am Sülzgürtel — mit Kosten von bis zu 40.000 Euro pro Platz. Wenn er die bisherigen Vorgaben als irrsinnig bezeichnet, spricht er auch als Interessenvertreter für die anderen Genossenschaften. Boden sei nur begrenzt verfügbar. »Aus meiner Sicht ist es wichtiger, vernünftigen Wohn­raum zur Verfügung zu stellen als Parkplätze«, sagt Frysch. Diese Gewichtung scheint inzwischen auch Konsens im Rat zu sein, abgesehen vielleicht von der FDP.