Ihnen stinkt’s schon: Bruno Klais und Patricia Gase vom Bürgerverein Merkenich

Schlamm drüber!

Der Rat hat entschieden: Kölns Klärschlamm kommt nach Merkenich

Nein, im Rat der Stadt hatte das Thema keine Brisanz. Alle bekundeten, es sei gut fürs Klima, dass demnächst Klärschlamm verbrannt werde. Aus dem, was in Toiletten runtergespült wird, soll Phosphor gewonnen werden. Ein Bundesgesetz schreibt das ab 2029 vor. Die Stadtwerke und Stadtentwässerungsbetriebe (StEB) müssen reagieren: Wo soll das passieren? Auch da war man sich einig: weit entfernt vom Rathaus, in Merkenich. Im Kölner Norden steht ohnehin vieles, was niemand gern in der Nachbarschaft hat: Industrie, Gewerbe, Kraftwerke.

Es war Bezirksbürgermeister Reinhard Zöllner (CDU), der den Frieden störte: »Das Veedel soll wieder mal für das Image der Stadt herhalten.« Was gesamtstädtisch Sinn ergebe, belaste Merkenich ein weiteres Mal. Am stärksten sprach sich noch SPD-Fraktionschef Christian Joisten (SPD) für eine Art Dankeschön aus: Merkenich müsse endlich besseren ÖPNV und mehr Kitas bekommen. Beschlossen wurde das nicht. Beschlossen wurde die Gründung der Gesellschaft »Klärschlammverwertung am Rhein« (KLAR) und dass am Heizkraftwerk Merkenich, das die Rheinenergie betreibt, das Recycling stattfinden soll. Der Verbund von Entsorgern aus Köln und Umgebung wird dort jährlich 120.000 Tonnen Klärschlamm verarbeiten. Er kommt aus ganz Köln und der Region — per Schiff, Lkw, Bahn und aus dem Großklärwerk Stammheim per Druckleitung unter dem Rhein.

»Der Standort ist grundsätzlich ungeeignet«, sagt Bruno Klais vom Bürgerverein Merkenich, »unter anderem wegen der enormen Vorbelastungen im Kölner Norden«. Im Ratsbeschluss heißt es dazu nur: »Alternative Standortoptionen stehen derzeit — auch nach intensiver Suche — nicht zur Verfügung.« So kommt immer mehr nach Merkenich und verbessert die Infrastruktur für weitere industrielle Ansiedlungen— ein Teufelskreis.

Zwar habe es Gespräche gegeben, sagt Klais. »Aber eine Information der Bürger vor Ort hat trotz Aufforderung bisher nicht stattgefunden.« Was Merkenich empört, ist für den Rest der Stadt von Vorteil: Durch die neue Druckleitung entfallen in Stammheim pro Jahr 4800 Lkw-Fahrten, laut Beschluss »ein bedeutender Beitrag zur Verkehrswende«. In Merkenich aber nimmt der Verkehr zu.

Allein die Linke stimmte im Rat nicht zu. Ihr Ratsherr Michael Weisenstein sagt: »Das Projekt ist ökologisch sinnvoll, aber die Verkehrsbelastungen im Norden müssen verringert werden.« Er hatte vergeblich eine Vertagung beantragt. Alle Beteiligten müssten jetzt an einen Tisch, sagt Weisenstein. Mehr als Schadensbegrenzung für Merkenich aber kann es nicht geben.