Die Kunde der toten Frösche

Das Frühjahr war kalt. Trotzdem muss man ständig an die Erderwärmung denken

Wir leben im Rheinland und haben Klimawandel. Was gehen uns noch Bauernregeln wie die mit den Eisheiligen an? Schon Anfang April pflanzen wir drauflos. Corona verbietet uns vieles, aber Gärtnern ist noch erlaubt! Also immer rein in die Erde mit den vorgezogenen Zucchini, die sind doch robuster als Unkraut.

Und die historischen Tomatensorten mit den schönen Namen, die stellen wir ruhig schon ins Gewächshaus. Ein paar kühle Nächte tun denen nix.

Was folgt, ist der kälteste April seit 40 Jahren. Erst erfrieren die Tomaten, dann werden die Zucchini gelb, schließlich geht es der Apfelblüte an den Kragen. Jetzt haben wir Mai, 14 Grad, Nieselregen. Sorgenvoll wandern unsere Blicke zum frisch gesetzten Weinstock. Wir müssen an die Frösche denken, die wir nach den strengen Februarfrösten aus dem aufgetauten Teich gezogen haben. Unter dem Weinstock ist ihr Grab. Was ist da eigentlich los? Wo bleibt die Hitze? So kennen wir unseren Garten nicht.

Man wähnt sich nicht in Köln, wenn man an schönen Sommertagen durch unsere Kleingartenanlage spaziert. Da wachsen Feigen, Zitronenbäume, Stechpalmen. Kiwis ranken romantisch über Zäune. Fehlt nur noch, dass ein Esel durchs Gartentörchen kommt. Die Hitzesommer der letzten Jahre war heftig, aber mal ehrlich: Insgeheim freuen sich doch viele Gärtner, was hier dank Klimawandel alles gedeiht. Guck mal, diese prachtvolle Artischocke! Nee, nicht aus Apulien, hier, von uns, aus Nippes! Köln, nördlichste Stadt Italiens! Die plötzliche Kälte in diesem Jahr bringt uns aus dem Konzept und verleitet zu einem irren Gedankenspiel. Was, wenn es durch den Klimawandel nicht wärmer, sondern immer kälter würde? Wenn wir bald nicht Wein, sondern nur noch Winterradieschen und Lauch anbauen könnten? Statt im Sommer riesige Sonnensegel zu spannen, würden wir noch im Juni in dicker Strickjacke das Unkraut jäten.

Wer wollte bei solchen Aussichten noch gärtnern? Vermutlich aber hätte die große Koalition gegen die Erdabkühlung schon längst schärfere Klimaschutzgesetze erlassen, oder nein, schon Helmut Kohl hätte sich als größter Kämpfer gegen das CO2 hervorgetan, schließlich wollte er am Wolfgangsee nicht Schlittschuh laufen, sondern auf der Terrasse sitzen und Saumagen essen. Kohl, nicht Thunberg, wäre als Klima-Ikone in die Geschichte eingegangen. Aber so ist es nicht. Der nächste Hitzesommer wird kommen. Wir ziehen im nächsten Winter schon mal die Zucchini vor.