Bleibt auch im Sommer ernst: Luis Ake

Think global, act global

Die Konzertreihe »Schöne Neue Normalität« im Bumann & Sohn startet durch

Eine Renaissance der lokalen Pop-Szenen — das war die Prognose, auf die sich seit Frühjahr 2020 alle Kultur­journalisten einigen konnten. Reise­beschränkungen und riesige Löcher im Budget würden in der Corona-Krise Veranstalter davon abhalten, Acts aus Übersee einzu­laden. Die Sommer­reihe »Schöne Neue Normalität« im Bumann, die bereits seit Ende Juni läuft und bis zum 21.9. durchgebucht ist, bestätigt diese These — und auch nicht.

26 Konzerte, darunter das Mini-Festival »Queer is not Anti« am 17. Juli: das ist eine irre stolze Anzahl, und man fragt sich anerkennend, wie die zustande kommen kann, war doch bis Mitte Mai an Konzerte nicht zu denken. Tatsächlich werden keine Acts aus den USA spielen, dafür viele aus Berlin, Wien, Amsterdam, Zürich, Paris, Hamburg. Wundersamerweise entspricht das musikalische Spektrum exakt der Stimmung, die seit Juni auf den Straßen herrscht: von entspannt bis euphorisch.

Ein Ausblick: Urlaub in Polen mit hammerhartem Indie-Electro — eine Soundidee aus den Nuller Jahren, die sich aber erstaunlich gut gehalten hat (18.7.); Ashraf Sharif Khan & Viktor Marek mit knallbonbonbuntem Post-Global-Disco (29.7.); Takeshi‘s Cashew (5.8.) mit einer musikalischen Reise in die Clubs der 70er Jahre, wie es sie tatsächlich nie gegeben hat; Chucka­muck (6.8.), die sich auf dem Weg von »Punk-Rock Rimbauds« zu tiefgründelndem Mystizismus gemacht haben; Darjeeling (12.8.) mit problemorientiertem Psychedelic-Rock (eine Band, mit der man gerne mal über Donovan reden möchte — unterschätzter Künstler); Luis Ake mit 1a-New-Wave-Crooning (19.8.); Dissolver, die sich unter dem Label »zärtlicher Krach aus Köln« ankündigen lassen (24.8.); Wolfgang Pérez (31.8.) von den ebenfalls aus Köln stammenden Pop-Hipstern Golf, der solo seinen Singer/Songwriter-Extravaganzen frönt; der September wird schließlich beschlossen von der großartigen Masha Qrella (21.9.) und ihren sensiblen Thomas-Brasch-Adaptionen — endlich in Köln zu hören!

Das Programm ist großartig, es zeigt auf einen Schlag, was einst möglich war, wieder möglich ist und sich hoffentlich auch an anderen Orten in Köln im (Spät-)Sommer und Herbst fortsetzen wird. Und versprochen: Spekulationen über die Wiederkehr des Lokalen werden wir uns bis auf weiteres enthalten.

bumannundsohn.de/live
queer-festival.de/queer-is-not-anti