Kein Turm für Hölderlin: Gymnasium an der Graf-Adolf-Straße

Dichter und denkbar

In Mülheim wehrt sich eine Schule dagegen, dass ihre Gemeinschaft auseinandergerissen wird

Jahrzehntelang hat die Stadt das Hölderlin-Gymnasium in Mülheim nicht saniert. Nun sollte es abgerissen und neu gebaut werden — am derzeitigen Standort an der Graf-Adolf-Straße und an der Holweider Straße, mehr als einen Kilometer entfernt. Denn am alten Standort sei kein Platz, um Räume für 720 Schüler*innen zu schaffen. Gegen die Plä­ne protestieren Eltern, Schü­ler*in­nen und Lehrer*innen mit dem Slogan »Hölderlin unzertrennlich«.

Die Schulgemeinschaft würde Schaden nehmen, sagt Tanja Schmitt von der Elternpflegschaft. Sie hat zwei Kinder, die hier in die 8. und 11. Klasse gehen, und erzählt be­geis­tert vom Gemeinschaftsgefühl. »So etwas will man doch im­mer erreichen«, sagt Schmitt. »Die Hälfte der Kinder stammt aus Familien mit Migrationshintergrund.« Das Engagement sei sehr groß. Die Schule hat sich für naturwissenschaftlich-mathematische Fächer ebenso eingesetzt wie für Zweisprachigkeit und gegen Rassismus.

»Hölderlin unzertrennlich« hat Pläne erarbeitet, wie ein Verbleib am derzeitigen Standort möglich sei. So könnten Sportmöglichkeiten an den nahen Bergischen Ring ausgelagert werden. Dort befindet sich bereits eine Sporthalle, die bald abgerissen und neu gebaut wird. Hier regt die Initiative an, neben der Sporthalle weitere Räume zu schaffen, etwa auf dem benachbarten Parkplatz, die vom Gymnasium mitgenutzt werden können. Der Einsatz zeigt jetzt Wirkung. Der Schulausschuss beauftragte Anfang Juni die Verwaltung mit einer neuen Studie für den alten Standort.

Unterstützung für »Hölderlin unzertrennlich« kommt auch von der SPD und deren Kölner Landespolitikern Jochen Ott und Martin Börschel. Zwei Standorte hält Börschel für »nicht sinnvoll«, den Plan der Schulgemeinde wiederum, alles am bisherigen Standort zu realisieren, für »schwer machbar«. Es brauche einen dritten Weg. Börschel hat die Entstehung der Bildungslandschaft Altstadt-Nord am Klingelpützpark begleitet, wo mehrere Schulen, eine Kita und ein Jugendzentrum gemeinsam Sportflächen und eine Mensa nutzen.

Auch in Mülheim liegen fünf Schulen rund um eine Grünfläche, hier ist es der Mülheimer Stadtgarten. Börschel schwärmt von den positiven Effekten einer Bildungslandschaft: »Warum nur das Pro­blem einer Schule lösen und nicht gleich einen Mehrwert für alle Bildungseinrichtungen schaffen?«

Auch die Eltern hatten Kooperationen mit anderen Schulen und Vereinen erwogen. »Man muss über den Tellerrand schauen«, sagt Tanja Schmitt, »alle könnten einen Nutzen haben«. Dennoch ist sie skeptisch: »Beim SPD-Vorschlag sehe ich derzeit noch kein konkretes Konzept, und die Errichtung der Bildungslandschaft am Klingelpützpark hat zu lange gedauert. So viel Zeit haben wir hier nicht.«

Zum Kollegium des Hölderlin-Gymnasiums gehört auch die Grü­nen-­Politikerin und Bürgermeisterin Brigitta von Bülow. Sie unterrichtet hier seit 21 Jahren. »Seitdem ist das Gebäude marode. Hier muss dringend etwas geschehen«, sagt auch sie. Dem Vorschlag, die Sporthalle zu erweitern und »als kleine Schullandschaft gemeinschaftlich Dinge zu nutzen«, kann sie viel abgewinnen. Dies sei gar keine so neue Idee. Ebenso würde sie aber auch die Vorschläge von Grünen, CDU und Volt begrüßen: einen Schul­hof auf dem Dach, eine Aufstockung des Gebäudes oder eine Nutzung des Stadtgartens als Schulhof.

Tanja Schmitt kann sich sowohl  eine Sanierung am bisherigen Ort mit Auslagerung von Sportmöglich­keiten als auch einen kompletten Neubau vorstellen. Für beides  hat die Initiative Pläne erstellt. »Dass der Schulausschuss die Verwaltung mit einer neuen Untersuchung beauftragt hat, ist das, was wir wollten«, sagt Schmitt. Sie ist nun optimistisch. Von der Verwaltung habe man sich lange nicht ernstgenommen gefühlt. »Aber die Politik hat uns jetzt bemerkt.«