Und täglich grüßt das Ordnungsamt

In der Pandemie beweisen die Kölner Ordnungsbehörden, dass sie nichts aus der Ruhe bringen kann

Eigentlich haben wir diesen Kommentar im vergangenen Sommer schon einmal geschrieben. Damals gingen Polizei und Ordnungsamt jedes Wochenende gegen junge Menschen vor, die ihre Freizeit in der Gegenwart anderer junger Menschen genießen wollten: an der Schaafenstraße, am Mäuerchen am Stadtgarten oder wo auch immer. Die Probleme sind geblieben, nur die Orte haben gewechselt. In den letzten Wochen wurde der Zülpicher Platz geräumt, am Aachener Weiher gab es Zusammenstöße mit der Polizei, der Rheinboulevard und die Poller Wiesen waren zwischenzeitlich gesperrt.

Beim oberflächlichen Blick wirkt dieses Vorgehen angesichts der Pandemielage gerechtfertigt. Bei Kölner*innen unter 40 Jahren liegt die Inzidenz schon länger höher als im Durchschnitt. Aber dies zeigt nur die unterschiedlichen Fortschritte bei der Covid-19-Impfung. Mitte Juni waren in NRW rund 58 Prozent der Erwachsenen über 60 Jahre vollständig geimpft, in der Altersgruppe der 19- bis 59-Jährigen aber gerade einmal ­29 Prozent, Tendenz mit geringerem Alter ebenfalls abnehmend. Es ist also wie schon so oft in den vergangenen 15 Monaten Pandemie: Die Härten der Krise sind nach Alter ungleich verteilt. Die Corona-Krise hat Menschen unter 25 ökonomisch hart getroffen. Für sie sind Nebenjobs und Ausbildungschancen weggefallen, hinzu kommt der fast vollständige Lockdown von Clubs und Konzertstätten, also der Verlust ihrer Räume. Ersatz dafür ist nicht in Sicht.

Okay, die letzten drei Sätze habe ich recyclet. Das sei mir verziehen. Das Ordnungsamt macht es ja nicht anders. Als sich im vergangenen Sommer abzeichnete, dass Straßen und Plätze zu eng für Menschen mit Pandemiehintergrund sind, ließ es seine Muskeln spielen, aber glänzte selten mit kreativen Ideen. Nun ist nur das Muskel­spiel übriggeblieben. Die Summer Stage im Jugendpark, wo 2020 nach zähen Verhandlungen Open-Air-Konzerte stattfanden,  findet dieses Jahr nicht statt. Die Veranstalter*innen sagen, die »bürokratischen Hürden« seien gestiegen. Eine Schlappe ist dies auch für das grün-schwarz-lila Ratsbündnis. Schließlich wollte es sich für mehr Open-Air-Flächen einsetzen. De facto haben wir ­dieses Jahr weniger. Deshalb lasse ich jetzt mal die Muskeln spielen! Ändert das bitte bis 2022, sonsten recycle ich diesen Kommentar noch mal. Und das kann ja nun wirklich niemand wollen, oder?