Kunstwerk, unrealisiert: Das NSU-Mahnmal von Ulf Aminde, Abbildung: Studio Ulf Aminde

Bewegung im Stillstand

Endlich steht fest, dass das NSU-Mahnmal gebaut wird

Das Denkmal für die Opfer des NSU wird realisiert — und zwar dort, wo es von Anfang an ge­plant war: an der Ecke von Schan­zenstraße und Keupstraße in Mülheim. Das gab die Stadt Köln Anfang Juni bekannt. »Es war und ist mir wichtig, hier das notwendige Zeichen zu setzen, auf das die Opfer der abscheulichen NSU-Terrorakte und deren Familien nun schon so lange warten«, erklärte OB Henriette Reker. »Ich freue mich, dass endlich der Weg frei ist zur Realisierung dieses Erinnerungsortes«, sagte Brigitta von Bülow, Bürgermeisterin und kulturpolitische Sprecherin der Grünen. Und Güldane Tokyürek, Fraktionsvorsitzende der Linke, erinnerte: »Trotz zahlreicher Rückschläge haben die Anwohner*innen und Unterstützer*inneninitiativen sowie der Integrationsrat nie aufgegeben und eine Realisierung am Eingang der Keupstraße gefordert.«

Vor 17 Jahren, am 9. Juni 2004, hatte der »Nationalsozialistische Untergrund« (NSU) eine Nagelbombe vor einem Frisiersalon an der Keupstraße gezündet. 22 Menschen wurden verletzt, nur durch einen Liefer­wagen, der vor dem Salon parkte, wurden Tote verhindert. 2014, zehn Jahre später beschloss der Stadtrat auf Initiative des Integrationsrats schließlich den Bau eines Denkmals für die Opfer des NSU.

Der Berliner Künstler Ulf Aminde hat dafür eine Bodenplatte vorgesehen, die genau den Umrissen des Friseurladens entspricht, vor dem die Nagelbombe des NSU explo­dier­­te. Mithilfe von Augmented-Reality-­Technologie will Aminde an dieser Stelle an die Opfer rassistischer Gewalt gedenken. Wer ein Smartphone auf das Mahnmal richtet, bekommt Filme über die Ge­schichte des Rassismus in Deutschland gezeigt. Ohne Smartphone sieht man lediglich die Betonplatte. Eben die war ein Problem für die ursprünglichen Besitzer des Grundstücks. Denn sie hatten fest damit gerechnet, hier Wohnungen errichten zu können — obwohl beim Werkstattverfahren für die Bebauung des Grundstücks ein Platz für das Mahnmal fest vorgesehen war. Der Streit zog sich fast fünf Jahre hin. Die Stadt Köln reagierte, indem sie vorschlug, auf die Bodenplatte zu verzichten und den Standort des Mahnmals zu verlegen — an eine Stel­le aber, von der aus es nicht mehr vom Ort des Anschlags sichtbar gewe­sen wäre. Die Interessengemeinschaft Keupstraße und die Initiative » Herkesin Meydanı — Platz für Alle« protestierten: Sie sahen die Interessen der Anschlagsopfer übergangen.

Dann wurde bekannt, dass das Grundstück zum Verkauf stand. Die Initiative Herkesin Meydanı forder­te, dass die Stadt Köln ihr Vorkaufsrecht auf das Grundstück nutzen solle, um das Mahnmal zu realisieren. Diese verzichtete jedoch. Stattdessen schlug die Düsseldorfer Gentes-Gruppe zu, wurde aber per Beschluss der Bezirksvertretung Mülheim verpflichtet, das Mahnmal zu realisieren. Die Immobilienfirma übertrug daraufhin das Grundstück an die Stadt Köln. Man freue sich, mit dem Bauvorhaben »das Gedenken und den Dialog zu einem gelebten Teil des Alltags werden zu lassen«, teilte Gentes schließlich mit.

Bis dieser Dialog beginnen kann, wird es jedoch noch dauern. Die Stadt Köln schätzt, dass es drei bis vier Jahre dauern werde, bis das Mahnmal fertig ist. Seit dem Ratsbeschluss wären dann zehn Jahre vergangen, seit dem Nagelbombenattentat zwanzig.