Ist das Kunst oder kann das weg?

Bad Luck Banging or Loony Porn

Radu Judes Berlinale-Gewinner ist formal vielfältig, inhaltlich allerdings eher einfältig

Fallen wir gleich mit der Tür ins Haus: Radu Judes »Bad Luck Banging or Loony Porn«, Gewinner des Goldenen Bären bei der Berlinale 2021, ist ein Festivalblasenproduktions- und Gesinnungsfilmdesaster. In einem primär durch melancholisch-elegisch-intimistischen Minimalismus samt einem fatalen Zug zum Apolitischen bestimmten Wettbewerb — ja, da fiel der Film mit seiner formalistischen Vielfalt und der Angepisstheit des Tons, den viele mit gewitztem politischen Diskurs verwechseln, aus dem Rahmen. Aber äußerliche Differenz reicht nicht, vor allem, wenn es letztlich Andersartigkeit von der Stange à la Godard ist. Nennen wir es Alternativmitläufertum. Es wäre schon nett, wenn auch intellektuell etwas dabei herumkäme. Doch diesbezüglich hat Regisseur Radu Jude kaum mehr zu bieten als Cicero-nahes Stammtischniveau.

Ausgangspunkt der Geschichte: Eine Lehrerin hat sich mit ihrem Lebensgefährten beim Ficken gefilmt, das ganze hochgeladen, dann wieder aus dem Netz genommen. Nun ist das Video doch wieder aufgetaucht — Skandal in der Eliteschule. Als Fragestellung erst einmal weder falsch noch wirklichkeitsfern. Radu Jude benutzt die Konstellation allerdings nur, um dem per se alles besser wissenden und deshalb ja auch im Publikum sitzenden Zuschauer ein Panoptikum alltäglicher Arschlochhaftigkeit zu präsentieren. Und dauernd hört man sich sagen: »Kenne ich! Stimmt genau!« Im ersten Teil des Films funktioniert das situativ — was der Lehrerin so auf der Straße passiert —, im zweiten Teil essayistisch, im dritten als Schauspiel, in dem die Eltern der Lehrerin einen Schauprozess machen, bei dem sich die Schul­leitung wenig solidarisch verhält. Dieser Teil endet mit mehreren Möglichkeiten, wie der Prozess ausgehen könnte, deren letzte eine quasipornographische Rache­phantasie ist.

»Bad Luck Banging or Loony Porn« leidet am Haneke-Syndrom: Ich zeige euch, was alles falsch ist und von dem ihr auch alle wisst, dass es falsch ist. Aber ich sage euch nicht, wie es sich ändern ließe, weil das wisst ihr ja in Wirklichkeit alle, und falls ihr es nicht wisst, seid ihr doof. Liberalismus als totalitäres Exerzitium. Aufklärung erklärt, legt aus, macht Vorschläge für eine sinnstiftende Zukunft. Aufklärung ist ein Prozess und kein Antwort-Wahl-Verfahren. Und wenig ist politisch so tödlich wie zu glauben, irgendetwas verstünde sich von selbst. Wobei man sich schon fragt, ob Radu Jude in seinem misanthropen Zynismus überhaupt an irgendetwas soziopolitisch Hilfreiches glaubt.

(Babardeală cu bucluc sau porno balamuc) RO/LUX/KRO/CZ 2021, R: Radu Jude, D: Katia Pascariu, Claudia Ieremia, Olimpia Mălai, 106 Min., Start: 8.7.