Vielschreiberin und trotzdem Zeit für Fotos: Melanie Raabe, Foto: Marina Rosa Weigl

Durch die Nacht mit ...Literatur

Die Kölner Literaturnacht zeigt die Vielfalt der lokalen Szene

Die Kölner Literaturnacht ist eine Pandemieüberlebende. Nach dem vielversprechenden Start im Frühjahr 2019 sollte ein Jahr später die nächste Ausgabe folgen und dann... das muss ich, glaube ich, nicht weiter ausführen. Mit rund anderthalb Jahren Verspätung folgt nun Ausgabe Nummer zwei, und die führt in einer Nacht mit 108 Teilnehmenden nicht nur einmal durch die gesamte Literaturszene Kölns, sondern auch an 21 Literatur-Orte zwischen Dellbrück, Braunsfeld und der Südstadt.

Unser erster Tipp liegt aber in der Mitte, am Neumarkt. In der Zentral­biblio­thek unterhalten sich 1Live-Literaturexpertin Mona Ameziane und die Krimiautorin Melanie Raabe über das Schreiben. Denn während Ameziane gerade an ihrem ersten Buch sitzt, schreibt Raabe so viele Krimis, das nebenbei kaum noch Zeit für anderes bleibt. Heute wollen die beiden darüber sprechen, wie ein Buch eigentlich entsteht und wofür all die Zeit beim Schreiben eigentlich draufgeht (Es ist nicht das Schreiben an sich!).

Unser nächster Tipp ist die Horbach-Stiftung in der Südstadt. Auch dort geht es wieder um das Schreiben, allerdings darum, welche Freiheit es ermöglicht. Jabbar Abdullah erzählt davon, wie er mit der Literatur seine Erlebnisse mit dem autoritären Regime in Syrien verarbeiten könnte. Suleman Tafiq schwärmt von der Freiheit des Schreibens in zwei Sprachen, und Simone Scharbert schildert in ihrem Buch über Alice James, wie sich die feministische Autorin im Schatten ihrer berühmten Brüder Henry und William Freiräume erkämpfen konnte.

Aus der Südstadt begeben wir uns nach Ehrenfeld und fragen uns, was mit »Radikale Zärtlichkeit« gemeint ist — ein verlorenes Blumfeld-Album? Aufschluss gibt die Kölner Autorin Şeyda Kurt, die unter diesem Titel darüber nachdenkt, wie unsere Liebesbeziehungen, Freundschaften und Familien durch die Zwänge von Patriarchat und Kapitalismus überformt werden und wie wir uns mit alternativen Beziehungsmodellen aus diesen Zwängen befreien können.

Zu guter Letzt noch ein Ausflug nach Mülheim. Dort stellt das Kollektiv A.P. Petermann seine Miniaturensammlung »Nippes Alphabet« vor. In 26 kurzen Texten schildert es die oft verborgene Weirdness dieses nach­weislich langweiligsten aller halbwegs hippen Kölner Stadtteile: Der Knochenkalk der Weltkriegstoten, der Wissensfundus eines mittlerweile verstorbenen obdachlosen Malers, die Schlenderei auf der Nettel­beck­straße. Eine Liebeserklärung, in der literarische Form und Gegenstand der Begierde zusammenkommen.

Stadtrevue präsentiert:

Kölner Literaturnacht

Sa. 18.9, diverse Orte, ab 16 Uhr
koelner-literaturnacht.de