Verscherbelt: Die Rheinische Musikschule an der Vogelsanger Straße

Falsch gestimmt

Trotz Kritik verkauft die Stadt das Grundstück der Rheinischen Musikschule an einen Investor

Die Rheinische Musikschule bekommt einen Neubau. Die Ratsfraktionen von Grünen, CDU und FDP entschieden im Juli, das Ehrenfelder Grundstück in bester Lage an zwei Kölner Bauunternehmer zu verkaufen. In einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) sollen sie das bestehende Gebäude abreißen, ein neues für die Musikschule errichten und für bis zu 30 Jahre an die Stadt vermieten. Zusätzlich bauen sie acht Wohnungen. Sie waren nach einer europaweiten Ausschreibung die einzigen Interessenten. Nächstes Jahr wollen sie mit dem Bau beginnen.

Seit 1962 besuchen Laien und ambitionierte Jungmusiker Kurse in dem Gebäude an der Vogelsanger Straße Ecke Piusstraße. Im Jahr 1907 erbaut, war es als Provisorium gedacht. Platz, Ausstattung und Architektur entsprechen weder den Bedürfnissen von Schülern und Lehrkräften noch dem Renommee der Schule, an der etwa Karlheinz Stockhausen »Kurse für Neue Musik« gab. Marode ist das Haus inzwischen auch.

2015 beauftragte der Rat die Verwaltung deshalb, Pläne zu entwickeln. Spätestens seit Juli 2018 habe eine »klare Entscheidung für den Verkauf« vorgelegen, teilt die Stadt mit. Gleichwohl fiel der Beschluss in diesem Sommer nicht einstimmig. In nicht-öffentlicher Sitzung stellte sich der Bündnispartner von Grünen und CDU, die Fraktion von Volt, gegen den Verkauf (für angeblich 2,4 Mio. Euro). Streit gab es um die Fragen, ob ein Grundstück in zentraler Lage aus der Hand gegeben werden soll und ob eine ÖPP die Stadt am Ende nicht teuer zu stehen komme.

»Wir haben kein Verständnis dafür, dass das Grundstück verscherbelt wird«, sagt Pia Waldhof, Sprecherin von Volt. Angesichts der geringen Zahl an Wohnungen, die dort geplant sind, scheint das auch Ausdruck einer grundlegenden Unzufriedenheit im Umgang mit dem städtischen Grundstück zu sein. Weder Erbpacht noch Konzeptvergabe oder Sozialwohnungen: Linke, SPD und Volt kritisieren, der Verkauf widerspreche den Vorsätzen, städtische Grundstücke effektiver zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zu nutzen.

Bei der Verwaltung sei »offenbar noch nicht angekommen, wie schwierig die Lage auf dem Grundstücksmarkt ist«, sagt ein Sprecher der SPD-Fraktion. Die enthielt sich in der Abstimmung zum Verkauf, um den Neubau nicht zu verzögern. Ihr Antrag, das Grundstück zu verpachten und ein Erbbaurecht zu vergeben, hatte zuvor keine Mehrheit erhalten.

Auch die Grünen kritisierten, dass der Verkauf als Dringlichkeitsvorlage in der Sommerpause entschieden wurde, ohne dass sich die Fachausschüsse des Rates damit beschäftigen konnten. Künftig solle es ÖPP nur noch in Verbindung mit Erbpacht geben. Der Bedarf der Musikschule sei aber akut und die städtische Gebäudewirtschaft mit der Pflichtaufgabe Schulbau ausgelastet. Sabine Pakulat, Ratsfrau der Grünen und Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschuss, verweist auf den neuen Zuschnitt der Dezernate. Bislang sei eine eher gemeinwohlorientierte Vergabe »keine Herzensangelegenheit« gewesen. Das Liegenschaftsamt, für Grundstücke zuständig, untersteht künftig dem von den Grünen vorgeschlagenen Dezernenten William Wolfgramm.  

Der Bauunternehmer Anton Bausinger, CDU-Mitglied und im Kölner Westen verwurzelt, hatte sein Angebot mit einem Partner und einem Entwurf des Kölner Architekten Kaspar Kraemer eingereicht. Er teilt auf Anfrage mit, die neuen Wohnungen sollen nicht als Eigentumswohnungen verkauft, sondern »zu sehr günstigen Konditionen« vermietet werden. »Das ist ein guter Entwurf und ein Kölner Bauunternehmer, dem man trauen kann«, sagt Sabine Pakulat. Ein weiteres Plus aus ihrer Sicht: Bausinger vermietet ein Interimsquartier in seinem Gewerbegebiet.  

Die Linke hielt ihm dagegen vor, die Notlage der Stadt auszunutzen. Heiner Kockerbeck, Sprecher der Fraktion, vermutet, Auflagen für die Wohnbebauung habe es nicht gegeben, um seinen Erlös nicht zu schmälern. Von ÖPP hält er auch als Notlösung nichts und kritisiert, dass der Stadt das Personal fehle, um solche Projekte selbst umzusetzen.