Bislang auch noch in Betrieb: Steinkohlekraftwerk in Rostock, an dem die Rheinenergie beteiligt ist, Foto: Armin Emde

Fünfe gerade sein lassen

Kompromiss zwischen Klimawende und Rheinenergie: Strom und Wärme werden bis 2035 klimaneutral

Ab 2030 nur noch Ökostrom — die Initiative Klimawende Köln war angetreten, den Strom des städtischen Energie­versorgers Rhein­energie klim­aneutral zu machen. Seit einem Jahr hat man die nötigen Unter­schriften für ein Bürger­begehren gesammelt. Denn die Rhein­energie plante den Umstieg erst für 2040 und verwies auf die Kosten. Das Unter­nehmen gehört zum Stadt­werke-Konzern, seine wirt­schaft­liche Lage beein­flusst die Finanzen der Stadt. Die Kämmerei sprach bei der Umsetzung der Forderungen der Initiative von zusätz­lichen Belastungen des Haus­halts von knapp 250 Mio. Euro — jähr­lich ab 2030. Die Klima­wende hin­gegen kam auf jährliche Ein­sparungen von bis zu 119 Mio. Euro.

Wäre das Bürger­begehren, für das Klima­wende die erforder­lichen Unter­schriften fast voll­ständig eingereicht hatte, erfolg­reich, könnte der Rat zustimmen – andern­falls gäbe einen Bürger­entscheid. Doch Klima­wende stoppte das Unter­schriften­sammeln. Statt­dessen kam man zwischen März und Juli mit Rhein­energie und Stadt zusammen. Es gelte, einen Kompro­miss zu finden, hieß es.

Seit Ende Juli liegen erste Ergebnisse vor, man habe sich auf »beschleunigten Klima­schutz« verständigt. Die Rhein­energie wird nicht nur Strom, sondern auch Wärme auf Klima­neutralität umstellen, dafür aber erst bis 2035. Der Rat hatte bereits im Sommer beschlossen, dass Köln bis dahin »klima­neutrale Stadt« werde. Ein Schritt nach vorne bei der Energie­wende, zumal verbunden mit konkreten Maß­nahmen. Aber nicht das, wofür Klima­wende mobilisiert hatte. Beim klima­neutralen Strom verliert man fünf Jahre.

Man habe bis zum Ende hart verhandelt, um das Maximum an Zugeständ­nissen aus der Rhein­energie heraus­zuholen, vermeldet die Klima­wende. »Ohne die 30.000 Unter­schriften wären wir nicht dort, wo wir jetzt sind. Das war ein starkes Signal«, sagt Ute Boronowsky von Klima­wende. »Wir werden Rhein­energie und Stadt­verwaltung bei der Umsetzung kritisch begleiten.« Es sei zudem auch weiter­hin möglich, das Bürger­begehren noch durch­zu­führen, etwa zur Land­tags­wahl im kommenden Jahr. Zudem ist die Initiative mit der Rhein­energie im Gespräch, das Stein­kohle­kraft­werk in Rostock, das zu knapp 50 Prozent der Rhein­energie gehört, früher als 2030 vom Netz zu nehmen.

Aus der Kölner Politik kommt meist Zustimmung zum Kom­promiss, auch von klima­politisch progressivsten Kräften. Wenn die Maß­nahmen der Mediation in eine ent­sprechende Vorlage über­führt würden, der die Politik zustimme und die die Verwaltung dann auch umsetze — »dann sind wir einen großen Schritt weiter beim Klima­schutz in Köln«, sagt Nicolin Gabrysch, ­Rats­mitglied der Klima­freunde. Das ­Bürger­begehren habe schon jetzt viel für die Energie­wende bewirkt, sagt Gabrysch, und es stehe zudem weiter­hin als Druck­mittel im Raum. Die Frage sei nun, wie ernst es Rhein­energie und Stadt meinen.

Der Kompromiss hat aber wohl noch einen anderen Grund. Gerd Brust, lange Jahre Umwelt- und Klima­politiker der Grünen im Rat und im Aufsichts­rat der Rhein­energie, sagt, dass das Bürger­begehren juristisch nicht haltbar wäre. Auf den Unter­schriften­listen heißt es, die Rhein­energie solle ab 2030 nur noch Öko­strom liefern, den sie selbst ­produziert, in Strom­liefer­verträgen erwirbt oder in Rahmen von Mieter­strom­modellen zur Verfügung stellt — demnach wäre nicht enthalten, was in privaten Photo­voltaik­anlagen produziert und vom Erneuer­bare-Energien-Gesetz gefördert wird. Ein Fehler. »Öko­logisch völlig unsinnig, aber vor allem juristisch nicht halt­bar«, sagt Brust. »Dem hätte der Rat nicht zustimmen können.« Der Kom­promiss, so Brust, sei gut — und erspare dem Rat und der Initiative eine Pein­lich­keit. Nun könnte es schnell voran­gehen mit der Energie­wende: Die Verwaltung will im November eine Beschluss­vorlage zum Klima­kompromiss in den Rat einbringen.