Nippes, mon amour!

Immer mehr Städte setzen auf Tempo 30. Köln zaudert noch, Nippes tritt auf die Bremse

 Im Juli hatte sich die dortige Bezirksvertretung für Tempo 30 als neue »Regelgeschwindigkeit« im Stadtbezirk ausgesprochen. Der gemeinsame Antrag von Grünen, Linken, FDP, GUT und Klimafreunden sieht vor, dass Autos nur noch auf großen Verkehrsachsen, auf denen Radfahrende und Fußgänger gar nicht oder nur baulich getrennt verkehren, 50 fahren dürfen. Die Gründe: Verkehrssicherheit, Lärm- und Umweltschutz.

Die BV folgt einem Trend. Jüngst führte etwa Paris weitestgehend Tempo 30 ein. Deutschland hinkt der Entwicklung noch hinterher. Ende Juli gründete sich die Initiative »Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten«, an der u.a. der Deutsche Städtetag beteiligt ist. Sie möchte den Verkehr »städteverträglicher« machen. Immer mehr Städte unterstützen die Forderung, seit Mitte September auch Düsseldorf. Köln fehlt in der Liste, obwohl Oberbürgermeisterin Reker und die Grünen als stärkste politische Kraft mit einem stadtweiten Tempo 30 liebäugeln.

Kommunen haben bislang wenig Handlungsspielraum: Die Straßenverkehrsordnung sieht Tempo 30 in der Nähe von Kitas, Schulen, Altenheimen und Krankenhäusern vor, in Wohnstraßen oder an Unfallschwerpunkten. Man muss Gründe haben, um Tempo 30 einzurichten. Das sorgt für einen Flickenteppich.

Diese Logik möchte die bundesweite Städte­initiative ändern. Nicht mehr Tempo 30 wäre die Ausnahme — sondern Tempo 50. Die Forderung: Städte sollen eine »verkehrlich, sozial, ökologisch und baukulturell angemessene Höchstgeschwindigkeit« anordnen können, wo sie es für sinnvoll erachten. Das kann bedeuten, dass Tempo 30 stadtweit zur Regelhöchstgeschwindigkeit wird. 

Eine für das Zusammenleben in Städten so bedeutsame Entscheidung in die Verantwortung der Kommunen zu legen, ist überfällig. Wie schnell Autos durch Innenstädte fahren, beeinflusst Sicherheit, Lebensqualität und Umweltschutz einer Stadtgesellschaft. Denn Straßen sind mehr als bloß Orte, an denen PKW ihre bestmögliche Verkehrsleistung bringen sollen.

Wie stark Köln davon profitieren könnte, erlebt man am Ring: Seit dort Tempo 30 gilt, steigt die Aufenthaltsqualität und sinkt die Zahl der Unfälle. Es wäre an der Zeit, dass sich Politik und Verwaltung in Köln dazu bekennen, den Fuß vom Gas zu nehmen. Man muss nicht nach Paris schauen. Ein Blick nach Nippes genügt.