»Relevante Mengen hochgiftiger Dioxine«: Chempark nach dem Unglück, Foto: Currenta

Zero Waste im Chempark

Nach der Explosion in Leverkusen wächst der Widerstand gegen die Giftmüll-Verbrennung

Sieben Menschen starben, mehr als dreißig wurden verletzt, teils schwer. Noch ermittelt die Staatsanwaltschaft, wie es am 27. Juli zur Explosion im Chempark Leverkusen kam. Fest steht aber bereits, dass der Auslöser ein Tank mit Chemiemüll war, der in der Verbrennungsanlage des Chempark-Betreibers Currenta entsorgt werden sollte. Stundenlang stand eine Rauchsäule über der Stadt, giftige Rußpartikel gingen nieder.

Manfred Santen, Chemiker bei Greenpeace, sagt: »In sieben von vierzehn Proben der niedergegangenen Partikel haben wir relevante Mengen hoch giftiger Dioxine festgestellt.« Das Landesumweltamt allerdings gab nach Stichproben Entwarnung — für Santen zu früh. Zudem seien Informationen zur Zusammensetzung des Sondermülls in den Tanks nicht ausreichend gewesen. Die Bezirksregierung habe ihn auf Anfrage auf die Internetseite von Currenta verwiesen. Dort aber seien die Angaben teils zu wenig detailliert gewesen. »Nachfragen hat Currenta ignoriert«, so Santen.

Nicht nur Greenpeace oder der BUND, auch die Politik kritisiert das Unternehmen und die Aufsichtsbehörden. Die Linke und die Klimaliste Leverkusen haben inzwischen Info-Veranstaltungen mit den Umweltverbänden organisiert. Sie trauen ihnen mehr als den zuständigen Stellen.

Auch die Grünen haben viele Fragen, die bislang unbeantwortet blieben. Sie wollen aber die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abwarten. »Wir brauchen gesicherte Informationen«, sagt Andreas Bokeloh aus der Ratsfraktion. »Es kann nicht darum gehen, die Chemie-Industrie hier grundsätzlich zu verdammen. Aber es muss garantiert sein, dass sämtliche Sicherheitsstandards erfüllt werden.« Dass dies der Fall war, daran wächst der Zweifel. Currenta wurde 2019 von Bayer an einen Finanzinvestor verkauft. »Der schaut natürlich auf Wachstum und Wirtschaftlichkeit«, sagt Bokeloh.

Derzeit muss Currenta den im Chempark anfallenden Sondermüll andernorts entsorgen, was die Kosten hochtreibt. Knapp ein Drittel des Sondermülls wurde bisher von anderswo angeliefert, die Einnahmen für die Entsorgung entfallen nun. Dass aber Currenta schnell wieder alles in Betrieb nimmt wie zuvor, will die Klimaliste verhindern. »Wir pochen auf ein neues Genehmigungsverfahren nach den heute geltenden Bestimmungen«, sagt deren Ratsmitglied Benedikt Rees. Die Anlage würde heute gar nicht mehr genehmigt, weil sie zu nah an die Wohnbebauung angrenzt; auch verlaufen Hochspannungsleitungen über dem Gelände, die nach der Explosion die Löscharbeiten behinderten. Dennoch sei die Verbrennungsanlage noch 2012 erweitert worden, so Rees. Die Risiken habe die Bezirksregierung damals kleingeredet. »Nun sehen wir: Das war fahrlässig. Unser Ziel ist es jetzt, im besten Fall die Wiedererrichtung an gleicher Stelle zu verhindern.«