Grünzug: Rasengleise an der KVB-Station Heumarkt

Rollrasen auf der Schiene

Die KVB begrünt mittlerweile immer häufiger ihre Gleise. Das sieht nicht nur schöner aus

Um Städte grüner zu machen, wurden in den vergangenen Jahren viele Flächen auf den Prüfstand gestellt. Dazu zählen nicht nur Dächer und Fassaden von Gebäuden, sondern immer häufiger auch Gleistrassen von Stadtbahnen. »Vor 15 Jahren hat man sich noch die Frage gestellt, ob es das wirklich braucht. Heute ist man da weiter«, sagt KVB-Sprecher Stephan Anemüller über einen Trend seiner Branche: sogenannte Grüngleise. Im Gleisbett, wo früher bloß Schotter lag, sprießt und blüht es heute immer häufiger — auch in Köln.

Derzeit sind in Köln knapp 14 Kilometer des oberirdischen Schienennetzes der KVB, das knapp 160 Kilometer umfasst, begrünt. »Der Abschnitt zwischen Heu- und Neumarkt ist das populärste Grün­gleis«, sagt Anemüller. Der Innenstadt­bereich zwischen Fußgängerzone und Museen wird von Touristen und Anwohnern stark frequentiert. Die Rasengleise werten den Stadtraum auf. »Schienentrassen haben durch ihre grau-braune Optik und ihre Breite eine trennende Wirkung«, sagt Anemüller, zwischen Heumarkt und Neumarkt werden sie zudem eingeschlossen von einer vierspurigen Autostraße. Es war Albert Speer, der im städtebaulichen Masterplan aufzeigte, wie die Stadtbahn dort als grünes Band wirken könnte. 2014 wurde die Gleisbegrünung dort fertiggestellt.

In Köln sind 14 von 160 km der oberirdischen KVB-Gleise begrünt

Vielen Menschen sei die schöne Optik wichtig, es gebe aber weitere Argumente für grüne Gleise, sagt KVB-Sprecher Anemüller: »Es gibt verschiedene Umweltwirkungen, die in der Summe schon etwas ausmachen können.« Grüngleise schlucken Schall, was sie für Anwohner von KVB-Trassen attraktiv macht. Die Schallbelastung ist im Vergleich zu Schottergleisen um bis zu drei Dezibel geringer. Zudem können Grüngleise bei Starkregen Wasser aufnehmen, das gar nicht oder verspätet in die Kanalisation abfließt. Außerdem binden die Pflanzen Luftschadstoffe wie Feinstaub oder Stickoxide. Die Wirkungen sind zwar jeweils eher gering, doch der Weg zu klima­angepassten Städten wird, da sind sich Architekten und Stadt­plane­r einig, nur über ein Zusammenspiel vieler Maßnahmen führen.

Und Klimaanpassung kostet — auch an der Schiene. »Grüngleis ist der Oberbegriff, es gibt Ausführungs­formen mit Rasen und mit Sedum«, erklärt Anemüller. In Köln dominiert Sedum, eine Pflanzengattung aus der Familie der Dickblattgewächse, die man auf knapp acht Kilometern KVB-Gleis findet. Sedum hat sich als günstiger erwiesen. Die KVB rechnet für die Pflege von Rasen mit 0,1 Arbeitsstunden pro Jahr pro Gleismeter, bei Sedum sind es nur 0,06 Stunden. Auch sind die Investitionskosten für Rasen fast doppelt so hoch — 100 Euro pro Quadratmeter gegenüber 55 Euro für Sedum.

»Wir werden die Grüngleise weiter ausbauen«, sagt Anemüller. Die Verkehrsbetriebe haben auf knapp fünf Kilometern und sechs Strecken bereits konkrete Pläne gemacht, dazu zählen zentrale Bereiche des Gürtels und der Ringe. Bei weiteren knapp acht Kilometern auf vier Strecken sieht man Potenzial. Man werde aber keine Baumaßnahmen durchführen, die ausschließlich dazu dienen, Grün­gleise anzulegen.

Einen, der sich seit Jahren für Grüngleise in Köln einsetzt, stimmt die Entwicklung mittlerweile zuversichtlicher: Marcel Hövelmann, Politiker der Wählergruppe GUT, hatte bereits im Frühjahr 2018 in einer Eingabe an den Beschwerde­ausschuss des Stadtrates einen Fünf-Jahres-Plan zur vollständigen Herstellung von Rasengleisen gefordert. »Überall, wo man Grün­gleise legen kann, sollte das auch passieren«, sagt Hövelmann.