15 Quadratmeter für zwei Geschäftsideen: André Paulssen vorm Köski Royal

X plus Gastro

Immer häufiger gibt es den Brückenschlag zwischen Einzelhandel und Bewirtung der Kundschaft. Wie kommt das?

Für andere wäre es ein Alptraum gewesen, sich während der Corona-Pandemie selbstständig zu machen. Zwei Frauen haben es trotzdem gewagt und im Mai 2020 an der Dellbrücker Hauptstraße ihren »Concept Store« mit Atelier eröffnet — samt kleiner Gastronomie. Beatrix »Trixi« Trommer und Maja Trommer sind Mutter und Tochter. Ihr Laden heißt »Mapita« und bietet ausgewähltes Makramé-Garn, bunte Stifte, aber auch eigene Gemälde und Kalligrafie-Werke — und dazu hausgemachte Kuchen und Kaffee aus der Siebträgermaschine, die man auf der Terrasse im Hinterhof zu sich nehmen kann. »Wir waren zeitgleich in einer Sinnkrise«, erzählt Tochter Maja. »Meine Mutter hatte 15 Jahre ein Atelier in Bergisch Gladbach, wollte aber nicht mehr allein arbeiten. Ich hatte einen Job im Marketing und habe zeitgleich schon Kurse in Handlettering gegeben.« Ein gemeinsames Kunstprojekt lag also nah. Nun geben sie Workshops und verkaufen Werkstoffe sowie Selbstgestaltetes. Das Café fungiere als Eisbrecher: »Die Wörter Atelier und Kunst sind für viele Menschen eine Hürde«, sagt Mutter Trixi. »Durch unser Café haben wir seit Anfang an eine tolle Stammkundschaft, da ist Dellbrück einfach Gold wert. Du hast eine enge Bindung zu den Menschen.« Den Großteil der Aufgaben stemmen sie zusammen, aber in einigen Bereichen wird die Arbeit geteilt: »Mama macht ein bisschen mehr Buchhaltung, was mir sehr lieb ist«, sagt Tochter Maya und schmunzelt. »Und Maja macht ein bisschen mehr Social Media, was mir sehr lieb ist«, ergänzt Trixi.

Gastronomie als Eisbrecher findet man längst vielerorts. In Bilderstöckchen haben sich Sara Gharibi und Nico Venjacob ebenfalls für ein Mischkonzept entschieden. Im »Petite Fleur« gibt es nicht nur Floristik, sondern auch ein Café dazu. »Wir wohnen zusammen auf der anderen Straßenseite und sind gelernte Schauspieler*innen. Da verdienst du mal gut, mal hast du Leerlauf«, erzählt Gharibi. So kam die Idee von der Gastronomie als Altersvorsorge. »Wir haben beide schon viel in Restaurants gearbeitet, meine Familie kommt auch aus der Gastro«, sagt Venjacob. Das Problem: Für die Räume in der Ladenzeile aus den 60er Jahren liegt keine Gastronomie-Lizenz vor. »Man sagte uns, eine Nutzungsänderung beim Bauamt kann bis zu zwei Jahre dauern, und man zahlt erst mal ein paar tausend Euro — ohne Garantie auf Erfolg«, so Gharibi. Die Lösung: ein »Concept Store« mit Hauptaugenmerk auf den Einzelhandel, also den Blumen — und dazu Gastronomie, genehmigungsfrei. »Eine Freundin ist Floristin, wir wollten den Laden zusammen eröffnen. Sie wurde dann aber schwanger und ist nach Stuttgart gezogen«, so Venjacob. Nun betreiben die beiden den Laden zu zweit: Auf den Tresen kommen Torta della Nonna und Cappuccino, im Schaufenster stehen Gerbera und Lilie. Die Floristikaufträge kommen aus ganz Deutschland, manchmal sogar aus dem Ausland. So können die beiden weiterhin schauspielern und ihre künstlerische Seite aus­leben.

Auch Charlotte Mieß vom »Köski Royal« in Braunsfeld betreibt einen Mix aus Einzelhandel und Gastronomie. Sie hat vor dreieinhalb Jahren ein altes, bloß 15 Quadratmeter großes Büdchen zum mintgrünen Kaffee-Kiosk mit Rundum-Fensterfront designt. »Anfangs hatte ich rechts und links zwei Bänke ins Kiosk gestellt, in der Mitte ein Tisch. Die habe ich mit Preisschildern versehen, weil eigentlich keiner im Kiosk sitzen und verzehren darf. Um das auszuhebeln, habe ich gesagt, das sind Verkaufswaren und die Leute sitzen Probe.«

Irgendwann habe sich gezeigt, dass die Kundschaft tatsächlich die Tische und die Tischdekoration wie Kerzenständer und Pflanzen kaufen wollte, auch weil es im Umfeld kaum vergleichbare Angebote gab. Heute wechselt das Sortiment ständig, und neben Kaffee und Bananenbrot gibt es handgetöpferte Tassen, Kakteen, Jute-Beutel. »Eigentlich bin ich gelernte Lithographin«, sagt Mieß. »Ich habe in der Firma meines Vaters gelernt, der hat die ganzen Kataloge für Designer wie Pesch und Mies van der Rohe gemacht, ein totaler Ästhet.« Sicherlich rührt daher ihr Händchen für Design, das das Köski Royal so beliebt im Veedel macht.

Seit kurzem erst betreibgt Charlotte Mieß mit ihrem Mann André Paulssen zusätzlich noch einen Foodtruck und drei Ecken weiter das vegetarische Hummus-Bistro »Aix«. Die unternehmerische Kreativität ist noch lange nicht ausgeschöpft — Essen und Trinken gehören immer häufiger dazu.