Britischer Habitus und amerikanischer Hintergrund

»The Sparks Brothers«

Edgar Wright gelingt ein originelles Porträt der »Marx Brothers des Pop«

Es dürfte nicht allzu viele Bands geben, die schon seit fünfzig Jahren Musik machen. Sparks gehören dazu, 2018 tourten sie sogar noch einmal durch Deutschland, auch in Köln spielten sie. Nun werden sie mit einem extravaganten Dokumentarfilm geehrt, den der britische Regisseur Edgar Wright mit so viel wilden Ideen und lustigen Fun Facts angereichert hat, dass man sich vor Freude auf die Schenkel klopfen möchte. Sparks — das sind die Brüder Ron und Russell Mael. So etwas wie »die Marx Brothers des Pop«, wie der Musikexpress einmal anmerkte: Ron, der Ältere, gefiel sich mit Hitler-Schnäuzer und kurzem Fassonschnitt, Russell war der gutaussehende Frauenschwarm mit langem Lockenkopf, der wie ein Duracell-Hase über die Bühne hüpfte. Sein Falsett-Gesang ging mal rauf, mal runter, die Songs waren fein ziselierte Kunstwerke, mal verschroben, mal verquer, dann wieder rockig geradeaus, immer aber einfallsreich und irgendwie anders. Unvergessen ihr wohl größter Hit »This Town Ain’t Big Enough For Both Of Us«, der 1974 die Charts stürmte. Wright, der schon im Krimi »Baby Driver” seiner Vorliebe für Pop-Songs frönte, zeichnet nun die Geschichte, aber auch die Ansichten der beiden smarten und witzigen Brüder nach. Dabei wechselt er hin und her zwischen Archivfotos, Fernsehauftritten, kurzen Animationssequenzen, und in Schwarzweiß aufgenommenen Interviews mit den Maels, sowie Gesprächen mit Bewunderern und Weggefährten. Nebenbei räumt er auch mit einem Missverständnis auf: Sparks sind keine Engländer, wie viele wegen ihres langjährigen Aufenthalts in London, dem Mekka des Pop, in den 1970er Jahren glaubten, sondern waschechte Amis.

Als sie England übereilt verlassen, schiebt Wright Szenen von Saloon-Schlägereien aus Stummfilmwestern hinterher, bei denen die Cowboys mit dem Hosenboden auf der Straße landen. Übrigens haben die Sparks selbst schon lange ihre Fühler nach dem Kino ausgestreckt: Fast hätte es einen Film gegeben mit Jacques Tati, fast einen mit Tim Burton, für Leos Carax’ Musical »Annette« (Start im Dezember) schrieben sie das Original-Drehbuch. Im Vordergrund steht aber die Musik, immerhin haben Sparks über zwanzig Platten aufgenommen. Darum gibt es hier auch viele Konzertmitschnitte zu sehen. Köstlich zum Beispiel »My Baby Is Takin’ Me Home«, das nur aus eben jener Zeile besteht und eine hypnotische Wirkung entfaltet. Sparks mögen keine legendären Rock-Stars mehr sein. Aber ein Mythos sind sie allemal.

USA/ GB 2021, R: Edgar Wright, 135 Min.