»Die Lücke 2.0«: Nuran David Calis spricht erneut mit den Betroffenen des Anschlags auf der Keupstraße. Foto: Ana Lukenda

»Kein Schlussstrich!«

Eine Theaterinitiative will die Taten des NSU thematisieren. Auch das Schauspiel Köln ist dabei

Nicht vergessen und Widerstand leisten — das ist das Ziel der bundes­weiten Initiative »Kein Schlussstrich!«. Sie will die Taten und Hintergründe des sogenannten NSU künstlerisch thematisieren. Dafür zusammen­geschlossen haben sich mehr als ein Dutzend Kultur­einrichtungen, insbesondere in jenen Städten, die unmittelbar vom NSU-Komplex betroffen waren und sind: die Städte, in denen zehn Menschen — Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşik, Halit Yozgat und Michèle Kiesewetter — von Ras­sist*innen ermordet wurden. Und jene, in denen die Täter*innen des NSU aufwuchsen oder Aufenthalt und Unter­stützung fanden.

Vor allem die Perspektiven der Familien der Opfer und der migrantischen Communitys sollen dabei in den Fokus der Öffentlichkeit gebracht werden. Geplant sind Insze­nierungen, Live-Hörspiele, Konzerte, Lesungen und Workshops. »Ein wirklich großes Projekt ist das geworden«, sagte die Theaterproduzentin Amelie Deuflhard, die im Vorstand der Initiative sitzt, »eine modellhafte Kooperation«. Natürlich ist auch das Schauspiel in Köln beteiligt: Im Foyer der Interim­spielstätte wird über drei Wochen lang die mehrsprachige Wanderausstellung »Offener Prozess« gezeigt, die migrantisches Wissen zum NSU-Komplex illustriert (bis 7.11.), Regisseurin Mala Reinhardt zeigt im Kulturbunker Mülheim ihren Film »Der zweite Anschlag« über die Kontinuität rechter Gewalt in Deutschland (7.11., 19.30 Uhr), und Nuran David Calis hat für die Inszenierung »Die Lücke 2.0« sieben Jahre nach dem Anschlag in der Keupstraße erneut mit den Betroffenen gesprochen (5./6.11., 20 Uhr).

Zudem gibt es eine Reihe von Gesprächsformaten und Vorträgen. Der Migrationsforscher Mark Terkes­sidis denkt laut darüber nach, inwiefern sich der kolonialistische Gedanke der »ökonomischen Durch­dringung« auch heute noch in der Arbeitsmigration nach Deutschland wiederfindet (6.11., 16 Uhr). Direkt im Anschluss sprechen vier Teilnehmer*innen bei einem Panel über die Kontinuität rassistischer Gewalt. Und in dem Workshop »Nur Mut, nur Wut« (4.11., 17 Uhr) für BIPoC, wollen Bassam Ghazi und Ella Steinmann in einem Safe Space Handlungsstrategien zur Selbststärkung ausprobieren.