Merkenich: Noch ist es idyllisch, aber am Horizont droht der Klärschlamm

Klärungsbedarf

Mit einem ­Bürgerbegehren wollen Initiativen ver­hindern, dass in Merkenich Phosphor recyclet wird

Wird es ein neues Bürgerbegehren geben? Gerade stoppten Klimaschützer ihre eigene Kampagne und einigten sich mit dem städtischen Energie­versorger Rheinenergie auf einen Kompromiss zur Energiewende (siehe Stadtrevue 10/2021). Nun wollen im Kölner Norden zahlreiche Bürger­vereine eine Anlage zur Klärschlamm-­Verbrennung in Merkenich verhindern — und lassen keine Kompromissbereitschaft erkennen. »Gegen­leistungen für all die Belastungen hier hat man uns schon oft versprochen«, sagt Bruno Klais vom Bürgerverein Merkenich. »Und dabei ist es dann geblieben.«

Von Longerich bis Worringen, von Esch bis Merkenich wächst allmählich das Unbehagen. Denn schon ab 2028 soll in Merkenich Klärschlamm verbrannt werden — 120.000 Tonnen im Jahr. Das darin enthaltene Phosphor könnte so zurückgewonnen werden, so plant es ein Verbund kommunaler Entsorger der Region. Ab 2029 ist es das Recycling gesetzlich vorgeschrieben.

Als Standort hat man sich auf ein Gelände an der Merkenicher Hauptstraße festgelegt, auf dem die Rheinenergie derzeit noch ein Heizkraftwerk betreibt. Das Phosphor-Recycling sei ökologisch sinnvoll, so die einhellige Meinung im Stadtrat, wo das Projekt im Mai beschlossen wurde. »Dass auch die dafür gestimmt haben, die sich sonst den Umweltschutz auf die Fahnen schreiben, zeigt nur, wie schlecht sie informiert sind«, sagt Helga Wagner vom Bürgerverein Lindweiler. »Das Verfahren zum Phosphor-Recycling ist doch noch längst nicht ausgereift. Das kann man auch wissen, wenn man sich informiert.« Wagner befürchtet zudem mehr Verkehr — nicht bloß in Merkenich, sondern im gesamten Kölner Norden. Schon jetzt nehme der LKW-Verkehr überhand. »Bei uns ist mittlerweile schon alles zugeparkt«, sagt Wagner.

Für Merkenich selbst befürchtet auch Bruno Klais neben Geruchs­belästi­gungen zusätzliche LKW-Fahrten. Gesamtstädtisch aber würden die Fahrten verringert, argumentieren die Befürworter im Stadtrat. In Stammheim sollen zwar 4800 Lkw-Fahrten entfallen, weil der Schlamm aus dem dortigen Großklärwerk durch eine Leitung unter dem Rhein direkt nach Merkenich gepumpt würde. »Aber das ist gut für Stammheim, nicht für uns hier«, so Klais. Ohnehin sei Merkenich von der Industrie mit ihren Stör­fall­betrieben geradezu eingekesselt. Zuletzt hat Klais die Detonation gehört und die Rauchsäule gesehen, als im Chempark Leverkusen ein Tank explodierte und sieben Menschen starben.

Von den politischen Vertretern aus dem Kölner Norden im Stadtrat sind Bruno Klais und Helga Wagner enttäuscht. »Sobald die im Rat sitzen, haben die uns vergessen«, so Klais. »Dann werden wir jetzt halt für Auf­merk­sam­keit sorgen«, sagt Wagner. »Da werden dann nicht bloß ein paar Plakätchen hochgehalten. Wir werden mit einer geballten Ladung Power auftreten.«