Ein Kunstprojekt zur Erinnerung an zugefrorene Seen? Eisbahn am Ebertplatz im vorletzten Winter, Foto: Astrid Piethan

Schlitterpartie

Passen eine Eisbahn auf dem Ebertplatz und ­Klimaschutz zusammen? Darüber streitet die ­

Kölner Politik

Sitzungen des Kölner Stadtrats und seiner Ausschüsse laufen meist vorhersehbar ab. Wer mit wem für was stimmt, wird in der Regel ­vorher abgesprochen. Anfang September im Stadtentwicklungsausschuss störte die Stadtverwaltung diese Choreografie mit einer Beschlussvorlage: Wegen des Klimanotstands und Kritik aus der Bürgerschaft sei eine Eisbahn auf dem Ebertplatz bei einer Dezember-Durchschnittstemperatur von circa vier Grad Celsius »nicht mehr zeitgemäß«, heißt es darin.

Die kurzfristige Vorlage überraschte die Politik. In einer hektischen Sitzung wurde die FDP zur »Retterin der Eisbahn«, und schlug eine mit Ökostrom klimaneutral betriebene oder durch CO2-Zertifikate ausgeglichene Eisfläche vor. Der FDP glückte ein politischer Kniff: Sie bekam eine Mehrheit für ihren Vorstoß und spaltete das Ratsbündnis — die CDU stimmte

für die Eisbahn, Grüne und Volt enthielten sich. Vor allem die Grünen gerieten in die Zweckmühle, entweder gegen Klimaschutz oder ein beliebtes Freizeitangebot stimmen zu müssen. Ende September bestätigte der Hauptausschuss den Beschluss — diesmal stimmten auch die Grünen dafür, nur noch Volt enthielt sich. Kosten von circa 250.000 Euro stehen Einnahmen von voraussichtlich 75.000 Euro gegenüber. Die Differenz kommt aus dem städtischen Haushalt, größtenteils aus der »Corona-Sonderförderung 2021«.

»Warum sollten wir was ändern, was gut funktioniert hat? Never change a winning team«, sagt FDP-Ratspolitiker Ralph Sterck. Dass die Eisbahn bleibt, ist für den Ratspolitiker ein Erfolg. Sterck weist den Vorwurf zurück, dass man ein kommerzielles Angebot unterstütze, anstatt die kreative Szene am Ebertplatz. »Es sind zwei verschiedene Paar Schuhe: Auf der einen Seite eine Kunst- und Kulturszene, die wahnsinnig wichtig ist für den Platz, und auf der anderen Seite ein Angebot für Familien und Normalverbraucher.« Es sei von vornherein um zusätzliches Geld gegangen, »nicht darum, das Eine durch das Andere zu ersetzen«.

Doch die vermeintlich populäre Entscheidung stößt auf teilweise heftige Kritik: »Ich finde es unfassbar, dass wir mit allem Wissen, das wir haben, und im Klimanotstand eine Eisbahn mitten in der Stadt errichten«, sagt Nicolin Gabrysch, Ratspolitikerin von den Klima­freunden. »Das ist das Gegenteil von Klimaschutz und CO2 einsparen. Eine Eisbahn auf dem Ebertplatz kann nicht klimaneutral sein.« Zumal es nur um ein Frei­zeitangebot gehe, für das es zudem Alternativen gebe — etwa in Form einer Rollschuhbahn. Sandra Schneeloch von den Grünen nennt das Thema »schwierig, da es sehr unterschiedliche Interessen gibt«. Einerseits freut sie sich über das populäre Angebot, andererseits hätte sie gerne Ideen für ein Alternativprogramm gesehen.

Die Debatte ist auch aus einem anderen Grund bemerkenswert: Seit der Stadtrat im Juli 2019 den Klimanotstand beschlossen hatte, nach dem »Alternativen mit positiver oder zumindest der geringsten negativen Klimaauswirkung« bevorzugt werden sollen, steht die Verwaltung immer wieder in der Kritik, dem Beschluss nicht hinreichend nachzukommen. Nun, da die Verwaltung vorangeht, wird sie wiederum von der Politik ausgebremst. Wo anfangen mit städtischem Klimaschutz? Eine Antwort auf die Frage scheinen bislang weder Politik und Verwaltung gefunden zu haben. »Nicht alle Dinge, die Spaß machen, sind klimafreundlich«, sagt Ralph Sterck von der FDP. Man müsse Belastungen gering halten und ausgleichen. »Mit einer Verbotskultur werden wir solche Probleme nicht lösen. Wir müssen die Menschen mitnehmen.« Nicolin Gabrysch von Klimafreunde widerspricht: »Natürlich steht man besser da, wenn man sagt: Nein, wir wollen niemandem etwas wegnehmen, wir schaffen das auch anders.« Das sei faktisch aber nicht möglich. »Man kann nicht immer wieder sagen: Davon alleine geht ja nicht gleich die Welt unter«. In Köln werden vergleichbare Entscheidungen auf Wiedervorlage stehen. Der nächste Weihnachtsmarkt samt Heizpilzen kommt bestimmt.