Spaßbremse ohne Funktion: Metallschiene auf dem »Mäuerchen« an der Zülpicher Straße

Der Mauer-Fall

Neuer Ort, altes Problem: Am »Mäuerchen« sollte eine Metallschiene den öffentlichen Raum beruhigen

Es sieht wieder aus, als wäre nie was gewesen: Das »Mäuerchen« an der Zülpicher Straße im Kwatier Latäng ist eine Sitzgelegenheit mit guter Lage, mittelmäßiger Bequemlichkeit und schlechter Aussicht. Anfang November war das für wenige Tage anders. Die Universität Köln, auf deren Grundstück der kleine Betonwall liegt, hatte auf dem Mäuerchen eine Metallschiene anbringen lassen, damit man dort allenfalls noch unbequem sitzen kann. Oder besser: gar nicht mehr. Mit dieser »defensiven Architektur« wollte die Uni Menschen das Verweilen unattraktiv machen.

Seit vielen Jahren ist das Mäuerchen ein beliebter Treffpunkt. Es folgte, was an solchen »Hotspots« meist folgt: erst Lärm und Müll, dann Beschwerden von Anwohnenden. Ein Anwohner hatte im Frühjahr das Ordnungsamt wegen Unterlassung und Verletzung der Verkehrsaufsichtspflicht angezeigt. Auch im Kriminalpräventiven Rat, einem Zusammenschluss von Kölner Ordnungsbehörden, war die Zülpicher Straße zuletzt Thema.

Doch die Metallleiste führte zu einem Aufschrei. Die Uni ruderte zurück: Keine Woche, nachdem die Schiene auf dem Mäuerchen angebracht worden war, entfernte man sie wieder. Die Hochschulleitung habe sich nach »erneuter Bewertung« entschlossen, die Konstruktion zu entfernen, »da die Metallleisten ein gewisses Gefahrenpotential bergen«, das man nicht genügend bedacht habe, hieß es.

»Das Thema Verdrängung haben wir immer wieder in der Stadt«, sagt Karina Syndicus. Die Vorsitzende von Die Fraktion nahm die Mäuerchen-Posse zum Anlass, um mit ihrer Fraktion Anfang November im Stadtrat eine Aktuelle Stunde zum »Bedarf an nichtkommerziellen Freizeittreffpunkten im öffentlichen Raum« zu beantragen, die jedoch wegen eines Formfehlers nicht stattfand.

»Licht, Aufräumkommandos oder feindliche Architektur lösen nicht die Probleme, die dahinterstecken«, sagt Syndicus. Sie tauchten dann vielmehr an anderer Stelle wieder auf. Sie sehe die Bedürfnisse der Anwohnenden, erklärt Syndicus. »Wir wollen nicht, dass alle überall Party machen und laut sein können.« Aber sie appelliere daran, »mit den Leuten in den Dialog zu treten, sie ernst zu nehmen und auch mit in die Verantwortung zu nehmen«. Die Stadtverwaltung sei für alle Bürgerinnen und Bürger da — und damit auch für diejenigen, die abends auf dem Mäuerchen sitzen und ein Bier trinken wollen. Syndicus fordert nicht-kommerzielle Aufenthaltsorte. »Es wäre sinnvoll, sich im Winter darüber Gedanken zu machen. Dann wird man im nächsten Sommer nicht wieder davon überrascht, dass sich Menschen draußen treffen.«