Hölle alaaf!

Das Desaster am Sessionsbeginn war hausgemacht

Wenn Köln bundesweit in die Schlagzeilen gerät, dann meist wegen der zwei »K«: Klüngel oder Karneval. So auch diesmal. Während die bundesweite Inzidenz mal wieder einen vorläufigen Rekordwert erreichte, machten am Elften im Elften Bilder von enthemmten Karnevalisten im ganzen Land die Runde — und sorgten für Entsetzen. Der Imageschaden für die »Karnevalshochburg« ist groß. Zeitversetzt könnte der Schaden an Leib und Leben folgen, falls sich der Corona-Karneval als Treiber der Pandemie entpuppt.

Zwar mögen auch die Open-Air-Veranstaltungen am Tanzbrunnen oder auf dem Heumarkt befremdlich gewirkt haben, sie sind in Zeiten voller Fußballstadien dennoch neue Normalität. Verstörend aber waren die Eindrücke von der Feiermeile rund um die Zülpicher Straße, die den Karneval schon vor Corona mit Exzessen in Verruf gebracht hatte. Um 15.15 Uhr vermeldete die Stadt, das Kwartier Latäng samt der Entlastungsflächen auf den Uniwiesen, die die Stadt eingerichtet hatte, sei »vollgelaufen«. Das Treiben rund um die Zülpicher Straße, aber auch überfüllte Kneipen und Bahnen anderswo waren ein Fest für das Coronavirus. Dafür muss man nicht mal den wahrscheinlichen Fall berücksichtigen, dass nicht jeder verkleidete Jeck beim Zutritt zu Karnevalsfeiern Impfstatus und Identität nachweisen musste.

»Man kann den Menschen nicht verbieten, in Angemessenheit und mit größter Verantwortung den 11.11. zu genießen«, hatte Oberbürgermeisterin Henriette Reker vor dem Sessionsauftakt gesagt. Sie verwies darauf, dass sich die Menschen etwas anderes nicht mehr gefallen ließen und ein vollständiges Karnevalsverbot rechtlich auch nicht mehr möglich sei. Mit Angemessenheit und Verantwortung war es bei den verkleideten Partytouristen allerdings nicht weit her.

Dass man Karneval nicht wie im Februar hätte absagen können, mag stimmen, doch hätte man die Feiernden nachdrücklicher für die Gefahren sensibilisieren können, die im Karneval lauern. Dass der Krisenstab der Stadt erst drei Tage vor dem Sessionsauftakt auf »2G« umschwenkte und den Zugang zur Feiermeile nicht stärker beschränkte, waren zudem handwerkliche Fehler. Dass Stadtdirektorin Andrea Blome anschließend davon sprach, dass nach ersten Einschätzungen »unsere Konzepte für den 11.11. weitgehend aufgegangen« seien, lässt für den Straßenkarneval im Frühjahr 2022 aber erst recht nichts Gutes erahnen.