Bringen Köln zum Sprechen: Philipp Süß und Ahmad Zaza

Hallo, hört mich jemand?

Im Podcast »Demokratieradio« erzählen normale Menschen von ihrem Alltag in Köln

In Kalk gibt es ein rotes Sofa, das Menschen aus dem Veedel mit der Politik in Kontakt bringen soll: Anwohner können dort Platz nehmen, über Probleme im Stadtteil reden oder sagen, was sie täten, wenn sie Bürgermeister von Kalk wären. Die Beiträge werden den Bezirksvertretern übermittelt. Bei den Kalkern kamen die Sofa-Aktionen gut an — doch Corona machte die Kontaktanbahnung auf der Straße schwieriger. »So entstand die Idee mit dem Podcast«, sagt Ahmad Zaza von der Willi-Eichler-Akademie. Das SPD-nahe Bildungswerk, das gemeinsam mit anderen Vereinen und Institutionen die Sofa-Aktionen durchführt, ist auch Kooperationspartner der »Demokratiewerkstätten« der Landeszentrale für politische Bildung. Die Werkstätten sollen in benachteiligten Quartieren das Gespräch suchen.

Das Demokratieradio ist Teil des Projekts, richtet sich aber an Kölnerinnen und Kölner aus dem gesamten Stadtgebiet. Seit Anfang 2021 laden Ahmad Zaza und der Kulturwissenschaftler Philipp Süß Menschen ein, etwa zwanzig Minuten lang aus ihrem Leben in Köln zu erzählen. »Es sind ganz unterschiedliche Stimmen aus unterschiedlichen Stadtteilen«, so Zaza. Man erfährt etwa vom studentischen Leben in Ehrenfeld oder vom Alltag in Volkhoven, wo es kaum Geschäfte, aber viel Videoüberwachung wegen des benachbarten Verfassungsschutzes gibt. Man erfährt, dass nicht nur Touristen, sondern auch manche Kölner die Altstadt lieben und wunderschön finden. Mal sind die Gespräche eher banal, oft wird die Vielfalt und Offenheit der Stadt gepriesen, dann versuchen Zaza und Süß behutsam, den Blick darauf zu lenken, was in der Köln vielleicht doch nicht so gut läuft. Häufig wird der Unterschied zwischen den beiden Rheinseiten angesprochen. »Aber für viele ist das gar kein Thema — vor allem für die, die linksrheinisch wohnen«, sagt Zaza und lacht.

Viele wünschen sich mehr Grün und bessere Radwege. Dass im Stadtrat gerade über diese beiden Themen ausdauernd gestritten wird, bekämen die wenigsten Gesprächspartner und Zuhörer mit, sagt Zaza. »Die sehen nur: Bei mir im Viertel geht nichts voran.«

Mit dem Demokratieradio wolle man die Menschen am Diskurs beteiligen, sagt Zaza. Die Zuhörerinnen und Zuhörer wiederum sollen im besten Fall Anregungen bekommen, wie und wo sie sich für ihre Stadt oder Nachbarschaft engagieren können. Die Gesprächspartner werden über Soziale Medien oder aus dem Bekanntenkreis rekrutiert, die Mischung stimmt deshalb noch nicht so ganz. »Wir hätten gerne weniger Akademiker, mehr alte Menschen und frisch Zugezogene«, sagt Zaza. Auch die Reaktionen des Stadtrats sind noch ausbaufähig. Zaza und Süß haben ein Resümee der Gespräche an alle dort vertretenen Fraktionen geschickt, doch niemand antwortete. Im kommenden Jahr wollen sie das Format deshalb erweitern und »normale« Kölnerinnen und Kölner mit Vertretern aus Politik oder von Initiativen direkt zusammenbringen.

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