»Komisch strukturiert«

Das Ordnungsamt steht in der Kritik. Aber was stört die Betreiber*innen von Clubs und Kneipen

Das Ordnungsamt der Stadt Köln war in den vergangenen Monaten sehr beschäftigt. Bislang wurden dieses Jahr bei 3800 Kontrollen im Rahmen der Pandemie über 750 Verstöße festgestellt, so die Stadt. Corona habe im Amt »zu einer vollkommen neuartigen Situation im Arbeitsalltag« geführt und erfordere »ein hohes Maß an Flexibilität, Disziplin und Durchhaltevermögen«, so ein Sprecher. Dabei sind von 257 Stellen immer noch 50 unbesetzt, eine Aufstockung auf 300 ist geplant.Zwar macht die Pandemie offenbar Arbeit, aber das Amt ist auch von sich aus fleißig.

Am Eifelwall hat es Möbel weggeräumt, die Anwohner*innen dort aufgestellt hatten. In der Südstadt bemängelte man Stehtische, die dort nicht stehen durften, und auch Markisen und Sitzkissen in der Außengastronomie, weil sie die falsche Farbe hatten. »Das sind nicht unbedingt massive Verstöße, die verfolgt werden müssen«, meint Martin Schlüter. Er ist Wirt im Reissdorf am Hahnentor und im Vorstand der IG Gastro. Sie hat sich kurz vor Ausbruch der Coronapandemie gegründet und ist seitdem ein zentraler Ansprechpartner für Gastronom*innen abseits der Ausgehmeilen Ringe und Altstadt und steht in regelmäßigem Kontakt mit der Stadt. »Die Stadtverwaltung ist komisch strukturiert«, sagt Schlüter. »Viele Ämter wissen gar nicht, was die anderen machen.« Das führe immer wieder zu Konflikten, meint auch Philipp Treudt, Betreiber des Schnörres in der Südstadt und des Scheuen Rehs am Westbahnhof. Er erinnert sich an die Ausweitung der Außengastronomie auf Parkplätze im Sommer: »Da gab es eine Kette von Verordnungen. Wir wussten nicht genau Bescheid, was genau galt, die Mitarbeiter*innen der Stadt aber auch nicht.« So sei es immer wieder zu Missverständnissen gekommen.

Nach den Vorfällen in der Südstadt hat die IG Gastro das Gespräch mit der Stadt gesucht. »Ich war überrascht, wie offen das abgelaufen ist«, sagt Martin Schlüter. Besonders Jutta Schiweck-Nitsche, die seit September 2020 als »Gastrokümmerin« arbeitet, habe sich offen und zugewandt gezeigt. Mit ihrem Team soll Schiweck-Nitsche, die schon lange im Ordnungsamt Dienst tut, in Kontakt mit den Gastronom*innen treten — gerade weil in der Stadtverwaltung mehrere Ämter für deren Anliegen zuständig sind, ist offenbar diese Stelle nötig. »Sie hat sogar gefragt, was das Amt besser machen könne«, erzählt Schlüter. Das sei in der Vergangenheit nicht immer der Fall gewesen.

Aber wie sieht es bei den Clubs aus? Machen sie ähnliche Erfahrungen? »Die Clubs hatten in den letzten zwei Jahren ja nicht viel Gesprächsbedarf mit dem Ordnungsamt«, meint Philipp Treudt und lacht. Erst Ende August konnten sie nach 18 Monaten Pandemie wieder öffnen — und auch das nur unter strengen Vorschriften. Viele Clubs verlangen von Gästen einen Nachweis, dass sie geimpft oder genesen sind, so auch das Scheue Reh. Die Einlasskontrollen werden wiederum kontrolliert — vom Ordnungsamt. »Wir sind dreimal hintereinander kontrolliert worden«, erzählt Treudt. Jedes Mal hätten die Mitarbeiter*innen des Ordnungsamts keine Verstöße festgestellt. »Eigentlich sollte man erwarten, es gäbe dann keinen Grund mehr, wiederzukommen«, meint Treudt. Allerdings teilt die Stadt mit, dass etwa bei Kontrollen Anfang November von neun Clubs und Gastststätten nur zwei ein gültiges Hygienekonzeopt vorlegen konnten.

Das Verhältnis der Club­betreiber*innen zum Ordnungsamt ist angespannter als das der Gastro­nom*innen. Das hat Gründe. Im Sommer etwa eskalierte eine routinemäßige Kontrolle bei einem Konzert im Biergarten des Bumann & Sohn in Ehrenfeld; es kam zu Handgreiflichkeiten zwischen dem Personal des Ordnungsamts und den Menschen, die im Club arbeiten.

»Die Kommunikation mit dem Ordnungsamt ist teils schwierig«, sagt Mankel Brinkmann. Er ist einer der Betreiber des Club Bahnhof Ehrenfeld und im Vorstand der Klubkomm, der Interessengemeinschaft der Kölner Clubs und Konzertstätten. Das Ordnungsamt trete immer wieder konfrontativ auf. Wenn es daraufhin zu einem Gespräch mit der Verwaltung komme, erlebe er oft, dass die Ämter wenig Bereitschaft zeigten, sich auf Kritik einzulassen und dass sich stattdessen die Reihen schließen würden. »Wir haben sicher nicht immer so ganz präsent, welchen Angriffen die Mitarbeiter*innen des Ordnungsamts ausgesetzt sind«, sagt Brinkmann. »Aber trotzdem muss nicht jede Kommunikation konfrontativ sein.«

Wie groß die Konflikte sind, zeigt auch, dass es 2021 bislang zu 186 Strafanträgen des Ordnungsamts »auf Grund von Widerständen, Beleidigungen, Bedrohungen und Körperverletzungen« kam, so ein Stadtsprecher. Im Jahr 2019, vor der Pandemie, waren es bloß 75. Mitte November fand ein Runder Tisch mit Amt, Gastronomie und Clubs statt. Das Gespräch sei »positiv« gewesen, meint Mankel Brinkmann. Trotzdem hatten bei Redaktionsschluss die ersten Clubs ihre Partys wieder abgesagt. Schuld war aber nicht das Ordnungsamt, sondern Corona.