Keine blumige Metaphorik

Die Zähmung der Bäume

Salomé Jashis Dokumentarfilm bewahrt einen kühlen Blick auf oligarchische Schrullen

Bidsina Iwanischwili ist in »Die Zähmung der Bäume« weder zu sehen noch zu hören. Trotzdem liegt sein Schatten auf jedem Bild und Wort. Laut dem Forbes Magazin ist der 65-jährige mit einem Vermögen von 4,8 Milliarden Dollar der reichste Mensch Georgiens. Nachdem er zunächst Micheil Saakaschwili finanziert hatte (der bald sein politischer Erzrivale wurde), bekleidete er 2012/13 selbst das Amt des Premierministers. Innerhalb der übermächtigen Regierungspartei Georgischer Traum gab er fortan den Ton an, bis er Anfang des Jahres den Rückzug aus der Politik ankündigte.

Wer über solche wirtschaftliche und politische Macht verfügt, kann sich Schrullen leisten, und von so einer handelt dieser Dokumentarfilm. Irgendwann fing Iwanischwili nämlich damit an, riesige alte Bäume zu kaufen, sie entwurzeln und auf sein herrschaftliches Anwesen in Tiflis bringen zu lassen. Da er die Objekte seiner Begierde meistens in der georgischen Küstenregion fand, wurden Teile des Transportweges offenbar regelmäßig mit Lastkähnen auf dem Schwarzen Meer absolviert. Entsprechend surreal muten die Bilder von am Horizont übers Wasser gleitenden Baumriesen an, mit denen »Die Zähmung der Bäume« beginnt. In reizvollem Gegensatz dazu steht indes die Nüchternheit, mit der Salomé Jashi in ihrem zweiten Langfilm den gewaltigen Aufwand schildert, mit dem die Bäume aus der Erde geholt werden.

Die zugrunde liegenden Motive bleiben den beschäftigten Arbeiter*­innen ebenso verborgen wie den ursprünglichen Baumbesitzer*­innen. Jemand verweist auf einen Zeitungsbericht, demzufolge der Oligarch sich ein längeres Leben davon verspreche, dass er sich mit über hundertjährigen Bäumen umgebe. Leute klagen derweil über den Schaden am bescheidenen Eigentum, wenn in Nachbars Garten schwerstes technisches Gerät auffährt. Oder sie bekunden wortreich ihr Vertrauen darauf, dass man als Preis für den Zugriff auf den örtlichen Wald eine versprochene neue Dorfstraße erhalten würde. Und vereinzelt fließen Tränen.

Dabei verzichtet die georgische Filmemacherin darauf, aus konkreter Entwurzelung (naheliegende) blumige Metaphorik abzuleiten, sondern gewährleistet mit ausschließlich statischen Einstellungen ungerührte Distanz. Umso wirkungsvoller können einzelne visuelle (und akustische) Akzente den gespenstischen Charakter der fehlgeleiteten Naturbeherrschung suggerieren, deren Abbildung folgerichtig in einer perversen Idylle mündet: in beschaulichen Bildern des unablässig manikürten, automatisch bewässerten Oligarchen-Parks.

(Taming the Garden) CH/D/GE 2021,R: Salomé Jashi, 92 Min.